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Gülleschwemme. Nitrate aus der Gülle landen im Grundwasser in Mengen, die EU-Grenzwerte übersteigen. Neue Düngeregeln sollen das einschränken, zum Unmut der Landwirte.

© Patrick Pleul/picture alliance/dpa

Bauernproteste gegen Düngeregulierung: Wasserversorger fordern strengere Regeln gegen Überdüngung

Je mehr Gülle auf den Feldern, umso mehr Nitrat gelangt ins Trinkwasser. Die Versorger fordern eine gesetzliche Verankerung des Verursacherprinzips.

Nach Protesten in Hamburg demonstrieren Landwirte jetzt auch in Berlin gegen zu viele Regulierungen – darunter auch neue, schärfere Begrenzungen für das Düngen mit Gülle. Hintergrund ist: Die Europäische Union hat Deutschland wegen zu hoher Nitratkonzentrationen im Grundwasser, verursacht auch durch Gülle-Düngung, verklagt. Die neuen Regeln sollen helfen, die Grenzwerte einzuhalten und eine der wichtigsten Trinkwasserquellen, das Grundwasser, zu schützen.

Das ist auch dringend nötig. Denn die Verunreinigungen stellen die 6000 Wasserversorger in Deutschland vor „größere Herausforderungen denn je“. In vielen Regionen sei das Grundwasser bereits erheblich mit Nitrat verunreinigt, warnt der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW).

Hauptursache sei die Massentierhaltung und die dabei anfallende Gülle. Deren Menge übersteige bei Weitem das, was auf die Felder ausgebracht werden dürfe. Wenn mehr Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wird, als die Pflanzen aufnehmen können, versickern die Stickstoffverbindungen als im Wasser gelöstes Nitrat im Erdreich – bis sie schließlich ins Grundwasser gelangen.

Das hat gravierende Folgen für die Trinkwassergewinnung: So wurde bei Untersuchungen für den letzten Nitratbericht der Bundesregierung an rund der Hälfte der Messstellen für Grundwasser eine erhöhte Nitratkonzentration festgestellt; bei 28 Prozent der Messstellen, in deren Einzugsgebiet eine landwirtschaftliche Nutzung dominiert, lag sie sogar über dem Grenzwert für Trinkwasser.

Nitrat-Problem seit Langem bekannt

Der beträgt EU-weit 50 Milligramm pro Liter. Alles, was darüber hinausgeht, muss entweder aufwendig und mit hohen Kosten entfernt werden. Oder die Versorger mischen belastetes mit unbelastetem Wasser, bis die Nitratkonzentration unter den Richtwert fällt.

Zwar ist Nitrat für Erwachsene kaum gesundheitsgefährdend; es kann aber durch Bakterien im Körper in Nitrit umgewandelt werden. Dieses gilt als krebserregend und kann darüber hinaus bei Säuglingen den Sauerstofftransport im Blut hemmen. Davon abgesehen hat Nitrat an der falschen Stelle unerwünschte Folgen wie Algenblüten in Seen und Meeren. Wenn sich dann giftige Toxine produzierende Blaualgen oder krankheitserregende Bakterien (etwa Vibrionen) vermehren, muss das Gewässer für Badende gesperrt werden.

Das Problem der Überdüngung und der daraus resultierenden hohen Nitratkonzentration im Grundwasser ist seit Jahrzehnten bekannt. Trotzdem hat sich die Lage nicht gebessert, sondern verschlimmert – durch den massiven Anbau von Energiepflanzen für Biogas-Anlagen. Etwa in Form von Mais-Monokulturen, die stark gedüngt werden.

Nicht nur Umweltschützer kritisieren das seit Langem. „Intensive Landwirtschaft belastet vielerorts die natürlichen Wasserressourcen. Durch den übermäßigen Einsatz von Dünger verschlechtert sich zunehmend die Qualität des Grundwassers in Deutschland“, moniert der DVGW und fordert die Anwendung des Vorsorge- und Verursacherprinzips: „Wir müssen an der Quelle der Verschmutzung ansetzen. Denn Stoffe, die gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangen, müssen auch nicht aufwendig entfernt werden. Zudem muss der Grundsatz gelten: Wer zur Verschmutzung der Gewässer beiträgt, darf die Kosten für die anfallende Reinigung nicht zu Lasten der Allgemeinheit sozialisieren.“

Beweislast umkehren, Verursacher in die Pflicht nehmen

Auch das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass Reparaturmaßnahmen teurer wären als Vorbeugung. „Deshalb ist es wichtig, Nitrateinträge in das Grundwasser zu vermeiden und die Stickstoffüberschüsse deutlich zu reduzieren.“

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fordert zudem die Beweislast umzukehren, damit nicht die Behörden die Einhaltung der Nitrat-Regelungen nachweisen müssen, sondern die Betriebe. „Das derzeitige Düngerecht dient der Agrarindustrie“, kritisiert Martin Hofstetter von Greenpeace. „Ohne die industrielle Massentierhaltung gäbe es die riesigen Stickstoffüberschüsse aus der Gülle-Düngung nicht.“

Weil die Massentierhaltung zudem erhebliches Tierleid und CO2-Emissionen verursache, fordert der BDEW gemeinsam mit verschiedenen Umweltverbänden die Bestände der Nutztiere zu reduzieren: „Teil der Lösung kann nur eine Tierhaltung sein, die konsequent an die Fläche gebunden ist“.

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