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Berliner Hochschulen: Hauptsache viele Studierende

Hochschulverträge: Berlins Hochschulen müssen voll laufen, um ihren Zuschuss vom Land in voller Höhe zu erreichen. Das birgt allerdings Risiken.

Berlins Hochschulen müssen in den kommenden vier Jahren mit Volldampf fahren: Nur wenn sie ihre Studienplätze voll ausschöpfen und bei den Drittmitteln ihr hohes Niveau halten, bekommen sie vom Land Berlin den vollen Zuschuss. Wie schon in den vergangenen vier Jahren wird der Zuschuss zu zwei Dritteln nach Leistungskriterien vergeben. Ein Drittel richtet sich dabei nach der Zahl der Studierenden, das andere Drittel belohnt Leistungen in der Forschung wie die Einwerbung von Drittmitteln. Am Donnerstag soll das Abgeordnetenhaus die Hochschulverträge für die Jahre 2014 bis 2017 beschließen.

Studenten der TU Berlin
Studenten der TU Berlin

© TU Berlin/Weiß

Bis zum Jahr 2017 kann der Zuschuss auf höchstens 1,18 Milliarden Euro wachsen (siehe Kasten). Für Berlins Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist das angesichts der Sparvorgaben für den Haushalt ein Erfolg. Doch um den Hochschulen mehr Luft zu geben, reicht der Zuwachs nicht. Die Kosten steigen: für Energie, Pensionen und Personal – die Berliner Hochschulen haben sich verpflichtet, bis 2017 den Anschluss an das Gehaltsniveau der Länder für die Tarifbeschäftigten zu erreichen.

„Wir können mit dem Ergebnis leben“, sagt FU-Präsident Peter-André Alt. Um bloß nicht unterhalb der verlangten Studierendenzahlen zu liegen, will Alt mit einigen Fächern darüber reden, ob der Numerus clausus nicht wie schon in Mathematik und Physik aufgehoben werden könnte: „Volle Auslastung ist das Ziel.“ Denkbar sei auch, wieder Studierende zum Sommersemester zuzulassen.

Die Humboldt-Universität leidet besonders unter den geringen Mitteln für den Bau, sagt ihr Präsident Jan-Hendrik Olbertz. Bereits laufende Baumaßnahmen müssten nun aus Personalmitteln finanziert werden. Acht Millionen Euro fehlen. Die an der HU kursierende Sorge, auch im Mittelbau müsse gespart werden, treffe aber nicht zu: „Das sind Angstszenarien.“ Stellensperrungen werde es aber weiter im Service- und Verwaltungsbereich geben. Sollte die Lage es erfordern, müsse die HU doch Dozenten mit sehr hoher Lehrverpflichtung einführen.

„Wir müssen uns weiter an unserer Bausubstanz vergehen“, sagt auch TU-Präsident Jörg Steinbach. Schon bis 2015 werden der TU laut Steinbach 17 Millionen Euro in ihrem Haushalt fehlen. An der TU sollen alle Stellen in Verwaltung, Technik und im wissenschaftlichen Mittelbau wie bislang schon drei bis vier Monate unbesetzt bleiben. Mit dem Akademischen Senat der TU will Steinbach nun auch darüber diskutieren, ob es nötig wird, Löcher auch aus dem Overhead für Drittmittelprojekte zu stopfen. Eigentlich steht jeweils ein Drittel den Fakultäten und den Fachgebieten zu, die das Projekt eingeworben haben. Steinbach hofft, dass die neue Bundesregierung den Overhead bei DFG-Mitteln von jetzt 20 auf 40 Prozent steigert: „Das würde uns helfen.“

Umstritten ist noch immer, nach welcher Bemessungsgrundlage die Studienplätze abgerechnet werden. Die Hochschulen waren schon mit den noch geltenden Verträgen unzufrieden, weil hier die Zahl der Studierenden im ersten Hochschulsemester zugrunde gelegt wird. Für die vielen Studierenden, die erst in einem späteren Semester an eine Hochschule kommen, gab es kein Geld. Die HU habe darum nur 68 Prozent ihrer Studienanfänger finanziert bekommen, hat die GEW festgestellt. Michael Heine, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft, versteht zwar, dass die Senatsverwaltung schon deshalb auf des Kriterium 1. Hochschulsemester pocht, weil die Mittel vom Bund aus dem Hochschulpakt sich ebenfalls daran orientieren. Andererseits könne eine Hochschule dieses Kriterium nicht steuern. Die Senatsverwaltung habe auch die Einigung auf die Zahl von 6000 zusätzlichen Plätzen für Studienanfänger gegenüber dem Jahr 2008 wieder infrage gestellt und mehr verlangt.

Heine sagt, seine Hochschule könne mit dem Vertrag leben. Wenn die Bewerberzahlen aus demografischen Gründen langsam sinken, könnten die Vorgaben des Senats nicht mehr zu erfüllen sein. Noch größer ist die Sorge über den Hochschulpakt. Die SPD konnte sich in den Koalitionsverhandlungen nicht mit ihrem Wunsch durchsetzen, ihn auf Dauer zu stellen. Die Hochschulen müssen damit rechnen, dass sie ab 2017 Kapazitäten abbauen müssen. Die HTW hat darum einen Großteil ihrer Professoren nur befristet eingestellt: „Alle Zukunftsrisiken werden auf den Hochschulen abgeladen“, sagt HTW-Präsident Heine.

Über die Hochschulverträge gibt der Berliner Senat den Hochschulen Planungssicherheit. Er steuert sie aber auch. Jedes Jahr sollen jährlich mindestens 1000 Lehramtsabsolventen die Unis verlassen – bislang verlangte der Senat 800. Die Unis sollen sich noch mehr um gemeinsame Promotionen mit den Fachhochschulen bemühen. Kürzeste Laufzeiten von Verträgen in Drittmittelprojekten sollen vermieden werden. Die Hochschulen müssen in ihren Leistungsberichten regelmäßig erklären, wie sie im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung ausgestattet sind. Der finanzielle Anreiz für die Berufung einer Frau auf eine Professur wird deutlich erhöht: auf bis zu 350 000 Euro, wenn die Frauenquote in dem Fach bislang unter 15 Prozent lag. Für jeden Studenten im von Frauen dominierten Fach Grundschulpädagogik gibt es 10 000 Euro.

Zwei Erfolge gegen die Pläne des Senats konnte die Wissenschaft in den vergangenen Wochen noch verbuchen, weil Parlamentarier intervenierten. Das Chemie-Gebäude der FU in der Takustraße kann jetzt doch wie geplant saniert werden (siehe Tsp. vom 4. August). Mehr Geld bekommt wie bereits berichtet auch die von Finanzsenator Nußbaum wenig geschätzte Einstein-Stiftung: zusätzlich zu den für 2014/2015 jeweils vorgesehenen 2,5 Millionen Euro kommen zuerst zwei Millionen und dann fünf Millionen Euro dazu.

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