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Fricke

© TU Berlin

Manfred Fricke: Berlins früher Reformer

Er war ein begehrter Ratgeber für die Hochschulreform und beriet Verkehrsminister und Forschungsminister: Zum Tod des TU-Präsidenten Manfred Fricke.

Eigentlich stand die Technische Universität Berlin im Jahr 1990 gar nicht so schlecht da: Sie hatte von den Berliner Unis die meisten Drittmittel eingeworben und führte bei der Zahl der Sonderforschungsbereiche. Aber es gab andere technische Hochschulen, die waren weitaus innovativer: Aachen, München, Stuttgart und in Europa die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH Zürich). Der damalige TU-Präsident Manfred Fricke stellte sich die Frage: Ist Berlin wirklich das Maß aller Dinge?

Doch ein Hochschulreformer hatte es in Berlin auch zu Beginn der 90er Jahre noch schwer. An der Gremienuniversität dachte man in Paritäten, und als die Marxisten die Hochschulen erobern wollten, waren die politisch zutiefst zerstrittenen Fraktionsuniversitäten entstanden. Von den Rektoren wurde erwartet, dass sie sich eng an die Beschlüsse der mächtigen Gremien hielten und keine großen Zukunftsstrategien nach eigenem Gusto entwickelten.

Das alles wusste TU-Präsident Manfred Fricke, und dennoch wagte er die große Herausforderung: Ohne Vorankündigung unterbreitete er sein Reformkonzept auf dem Neujahrsempfang von 1990 den führenden Vertretern von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft.

Vor allem seine Forderung „zurück zu den großen Fakultäten“ stieß auf Widerstand. Damals wollte jedes größere Fach seinen eigenen Fachbereich haben – mit der Folge, dass sich die Disziplinen isolierten und die für die Wissenschaft so fruchtbare Arbeit an den Disziplingrenzen fast zum Erliegen kam. Von 1970 an hatte die Technische Universität 22 Fachbereiche. Fricke kritisierte diese Zersplitterung scharf: An veralteten Studiengängen werde festgehalten. Die großen und drängenden Fragen der Hochschulreform würden in den Fachbereichsräten nicht erörtert oder blieben ohne praktische Konsequenzen, weil die Gremien in der Routine erstickt seien.

Linke wie auch Konservative erteilten Frickes Vorschlag eine Absage: Im wichtigen Akademischen Senat erhielt Frickes Konzept zunächst nur zwei von 25 Stimmen. Eine schwere Krankheit zwang Fricke zu einer Pause, aber als er zurückkehrte, setzte er seinen Reformkurs fort: Am Ende von Frickes Amtszeit hatte die TU nur noch 15 Fachbereiche – und wenn es nach Fricke gegangen wäre, wären es noch weniger geworden. Zudem führte der Präsident das Leistungsprinzip ein: Die Vergabe von Geld und Stellen müsse sich nach den Leistungen der Professoren richten. Er selbst zeigte, wie es geht: Als Experte für Flugtechnik verschaffte er der Technischen Universität einen Flugsimulator und damit ein wichtiges Großgerät.

Als seine Amtszeit 1993 endete, erhielt Fricke das Bundesverdienstkreuz und war ein begehrter Ratgeber für die Hochschulreform: Er beriet Verkehrsminister und Forschungsminister, er wirkte nach der Wiedervereinigung als Sachverständiger an der Neugestaltung der Berliner Wissenschaftslandschaft mit. Am 5. Mai ist Manfred Fricke im Alter von 72 Jahren gestorben.

Uwe Schlicht

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