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Erinnerungszimmer für Demenzpatienten

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Demenz: Ein Eiweiß soll Alzheimer bremsen

Ein Berliner Forscherteam hat den Entstehungsprozess einer ererbten Form von Alzheimer aufgeklärt. Dabei fanden sie ein Eiweiß, welches das Erkrankungsrisiko senkt.

Das schreiben Thomas Willnow und Kollegen vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch (MDC) zusammen mit Wissenschaftlern der Universität Osaka in Japan im Fachblatt „Science Translational Medicine“. Es könnte irgendwann der Schlüssel für eine Pille gegen das Vergessen sein. „Da die Menschen immer älter werden und damit die Zahl der Alzheimerpatienten zunimmt, wäre das ein Segen“, sagt Safak Caglayan, der zu Willnows Gruppe gehört. Zwar sind die wenigsten Fälle von Alzheimer erblich – schätzungsweise 0,5 bis ein Prozent. Dennoch ermöglicht das Verständnis der genetisch bedingten Varianten Rückschlüsse auf die weit verbreitete Form der Alzheimer-Krankheit. Deren Ursachen sind bislang weitgehend ungeklärt.

Bei der Alzheimer-Krankheit lagern sich im Gehirn Eiweißklumpen (Plaques) ab. Diese schädigen das Gewebe, so dass Nervenzellen absterben und geistiger Verfall einsetzt. Hauptauslöser für Alzheimer ist vermutlich ein kleines Eiweißbruchstück, das Beta-Amyloid, kurz: A-beta. Es entsteht in den Nervenzellen und ist wahrscheinlich eine Art Bremse, die die Nervenzellen (Neuronen) vor Überlastung schützt. Willnows Gruppe hat entdeckt, dass das A-beta schon in den Neuronen wieder abgebaut wird. Gefährlich wird es, wenn das nicht passiert. Dann lagert sich A-beta außerhalb der Nervenzellen ab und verdichtet sich dort zu den gefürchteten Plaques, die die Verbindungen zwischen den Neuronen kappen und die Zellen nach und nach zerstören.

Gesunde Nervenzellen schützen sich mit einem Protein namens Sorla vor den Verklumpungen. Sorla ist allgegenwärtig im Gehirn. Es transportiert die giftigen Eiweißfragmente innerhalb der Nervenzelle zu Zellorganellen, den Lysosomen. In ihnen werden die Eiweißfragmente verdaut. Doch manche Menschen bilden nur wenig oder kein Sorla. Bei ihnen wird A-beta nicht abgebaut. Stattdessen dringt es durch die Zellwände nach außen und kleistert sie zu. „Ihr Risiko, an Alzheimer zu erkranken, ist deutlich höher als bei anderen Menschen“, sagt Caglayan.

Die Wissenschaftler züchteten Mäuse, die etwa viermal mehr Sorla produzieren als normale Tiere. In ihren Gehirnen fanden sie viel weniger A-beta. Je mehr Sorla in den Zellen unterwegs ist, umso weniger Zellgift wird freigesetzt und umso niedriger ist das Risiko, an Alzheimer zu erkranken. „Wir wollen die Produktion von Sorla in den menschlichen Nervenzellen zu erhöhen“, sagt Caglayan. Langfristig könnten solche Wirkstoffe Patienten vor zu viel A-beta schützen und das Fortschreiten des Leidens verlangsamen.

Jana Ehrhardt-Joswig

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