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Ganten

© Mike Wolff

Detlev Ganten wird 70: Kämpfer für die Medizin

Als Wissenschaftpolitiker, so als Vorsitzender der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren und als Mitglied des Nationalen Ethikrats, hat Ganten vehement für die Interessen von Forschung und Medizin gekämpft. Der Berliner Wissenschaftler Detlev Ganten wird 70.

1991 begann das zweite Leben des Detlev Ganten. Der 50-jährige Kreislaufforscher tauschte das geordnete Leben als Professor im gemächlichen Heidelberg gegen ein riskantes Experiment: den Aufbau eines international ausgerichteten Forschungszentrums im frisch wiedervereinigten Berlin, erschaffen aus drei Zentralinstituten der „abgewickelten“ DDR-Wissenschaftsakademie. Die Leitidee: Molekulare Medizin, eine Verbindung zwischen Grundlagenforschung und Krankenbehandlung.

Ein Experiment mit ungewissem Ausgang – das zu einem großen Erfolg wurde. Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch im Nordosten der Hauptstadt ist heute weithin anerkannt. Im MDC forschen Wissenschaftler aus aller Welt, es verfügt über moderne Gebäude und Labors, einen Technikpark mit einer Reihe von Unternehmen und liegt idyllisch auf einem parkähnlichen Campus. Als einzige deutsche Einrichtung findet sich das MDC unter den 20 weltweit besten Instituten im Bereich Molekularbiologie und Genetik. Auf der vom Informationsdienstleister Thomson Reuters aufgestellten Rangliste steht es auf Platz 14. Dieser Erfolg verdankt sich wesentlich Gantens Ehrgeiz, seinem Enthusiasmus und Mut zu Visionen.

Als Ganten nach Berlin kam, hatte er bereits eine erfolgreiche Karriere hinter sich. Der gebürtige Lüneburger absolvierte zunächst eine Ausbildung als landwirtschaftlicher Gehilfe, studierte dann Medizin unter anderem in Würzburg und Montpellier und ging nach der medizinischen Promotion für vier Jahre an ein Forschungsinstitut im kanadischen Montreal, wo er auch 1973 an der McGill-Universität eine naturwissenschaftliche Doktorarbeit fertigstellte. Im gleichen Jahr wechselte er an das Pharmakologische Institut der Universität Heidelberg, wo er zwei Jahre später eine Professur erhielt.

Molekulare Medizin – das ist auch das Motto für den Wissenschaftler Ganten, der sich damit beschäftigt hat, den genetischen Ursachen des Bluthochdrucks auf die Spur zu kommen. Erst wenn die „molekularen“ Wurzeln eines Leidens verstanden sind, kann man das Übel mitsamt eben diesen Wurzeln aus der Welt schaffen. Das klingt in der Theorie gut, hat sich aber bislang in der Praxis nur selten umsetzen lassen. Manche Hoffnung, etwa die auf eine rasche Heilung vieler Krankheiten durch Gentherapie, wie sie auch Ganten hegte, haben getrogen. Nicht jede Vision erfüllt sich.

2004 wurde Ganten Vorstandsvorsitzender der Charité. Auch hier wirkte seine Begeisterungsfähigkeit ansteckend, gelang es, die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Aber ein Universitätsklinikum ist nicht nur ein Forschungslabor, es ist auch ein Krankenhaus, ein Wirtschaftsbetrieb, ein Ort politischer Interessen und Begehrlichkeiten. Harte Sparauflagen und Haushaltsprobleme, dazu ein zermürbender Streit um Abrechnungen zwischen Charité und privaten Helios-Klinken in Berlin-Buch belasteten Gantens Arbeit als Charité-Chef zusehends. Hinzu kam, dass er nicht den „Stallgeruch“ eines klinisch tätigen Chefarzts hatte, sondern eben von der Wissenschaft geprägt war. 2008 übergab er das Amt an seinen Charité-Kollegen, den Neurologen Karl Max Einhäupl.

Als Wissenschaftpolitiker, so als Vorsitzender der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren und als Mitglied des Nationalen Ethikrats, hat Ganten vehement für die Interessen von Forschung und Medizin gekämpft, etwa in der Debatte um die Stammzellforschung. Ein weiteres seiner Anliegen ist es, das Interesse der Öffentlichkeit an wissenschaftlicher Welterkenntnis zu wecken. Ganten gehört zu den maßgeblichen Betreibern von Initiativen wie „Wissenschaft im Dialog“, hat das Berliner Wissenschaftsjahr 2010 und das Charité-Jubiläum betreut und gemeinsam mit den Journalisten Thomas Deichmann und Thilo Spahl zwei populärwissenschaftliche Bücher geschrieben.

Heute feiert der vielfach geehrte Mediziner seinen 70. Geburtstag, am MDC findet deshalb ein Symposium statt. Rastlos bleibt er weiterhin. So hat Ganten 2009 den „World Health Summit“ aus der Taufe gehoben, eine jährliche Veranstaltung für eine bessere medizinische Versorgung. Zu der hat er schon jetzt seinen Beitrag geleistet.

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