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Aufbau der Forschungsbrücke mit vorgespanntem Carbon-Beton in der Peter-Behrens-Halle der TU Berlin im Wedding.

© TU Berlin

Hoffnungsträger der Baubranche: Eine Revolution im Brückenbau

Einsturzgefahr, Sperrungen, Investitionen in Milliardenhöhe - Innovativer Carbonbeton könnte Rettung bringen.

An Tausenden deutschen Auto- und Eisenbahnbrücken nagt der Zahn der Zeit – und der Rost. Von den rund 40 000 Stahlbeton-Brücken in Deutschland, die zwischen 1960 und 1985 gebaut wurden, müssen etwa die Hälfte in naher Zukunft ersetzt werden. Durch feine Risse in den Beton eingedrungenes Wasser setzt der Bewehrung zu. Aber nicht nur Brücken droht die Korrosion. Tunnel, Dächer oder Gebäudefassaden sind ebenfalls betroffen. Auch bei dem tragischen Brückeneinsturz in Genau 2018 wurde ein Versagen der Stahlbewehrung vermutet.

Hoffnungsträger ist nun ein innovativer Verbundbaustoff: Carbonbeton. Schon seit einigen Jahren erforschen TU-Bauingenieure gemeinsam mit anderen Forschungseinrichtungen und industriellen Partnern das Potenzial dieses Baustoffs in dem größten Bauforschungsprojekt Deutschlands „C³– Carbon Concrete Composite“. Die Vorteile liegen auf der Hand. Eine Bewehrung mit Carbonseilen ist bis zu fünfmal fester und rostet nicht. So können die Spannseile mit weniger Beton ummantelt werden, sind dadurch leichter, wesentlich billiger und verbrauchen weniger Beton, der aus Sand besteht und so nach Wasser das weltweit meist verwendete und in der Herstellung höchst CO2-intensive Material ist.

Eine Revolution im Brückenbau

Doch bis der Baustoff eingesetzt werden kann, um die Brücken zu retten, ist noch einiges an Forschung nötig. Für experimentelle Untersuchungen steht daher seit Mai 2019 die weltweit erste integrale vorgespannte Carbonbetonbrücke, 20 Meter lang, in der Peter-Behrens-Halle des TU-Instituts für Bauingenieurwesen auf dem historischen AEG-Gelände in Berlin-Wedding. „Nur mit vorgespannten Carbonbändern in einem Tragwerk aus Beton kann man dieses Hochleistungsmaterial voll auslasten“, sagt Dr.-Ing. Alex Hückler, der das Projekt am TU-Fachgebiet Entwerfen und Konstruieren – Massivbau von Professor Mike Schlaich leitet.

Die in den Beton eingebetteten Litzen und Seile aus Carbon müssen das Gewicht über die gesamte Länge tragen, Schwingungen zulassen, bruchfest und stabil sein. Zur Begutachtung sind in entsprechende Kanäle Kameras und Messgeräte eingebaut. Mit dem neuen, strapazierfähigen und ressourcenschonenden Material steht eine Revolution nicht nur im Brückenbau bevor, sind die Wissenschaftler*innen überzeugt. Auch Berlin ist interessiert, eine Testbrücke für Fußgänger und Radfahrer in der Hauptstadt zu bauen.

Patricia Pätzold

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