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Evolution: Auf der Arche des Naturforschers

Eine Ausstellung im Berliner Museum für Naturkunde nimmt den Besucher mit auf Darwins Weltreise

Diese verdammte Seekrankheit. Die Landratte Charles Darwin war ihr auf seiner Weltreise auf der „HMS Beagle“ fünf Jahre lang ausgesetzt, von 1831 bis 1836. „Die wahren Qualen beginnen erst, wenn man so erschöpft ist, dass einen bei der geringsten Anstrengung ein Ohnmachtsgefühl befällt“, notierte der junge Naturforscher. „Nichts half mir, außer in meiner Hängematte zu liegen.“

Das Schwanken der „Beagle“ im Seegang kann man zwar in der Berliner Ausstellung „Darwin – Reise zur Erkenntnis“ nicht spüren. Ansonsten aber haben sich die Mitarbeiter des Museums für Naturkunde bemüht, authentische Schiffsatmosphäre herzustellen. Man geht über grau gestrichene Planken, an den Seiten und über sich Schiffsgebälk, im Hintergrund Meeresrauschen und Möwengeschrei. Hier und da (ausgestopfte) Ratten. Ganz wie an Bord der „Beagle“.

Die Sammelobjekte werden in Holzkisten präsentiert, die Darwin persönlich auf die Reise geschickt haben könnte. Geht es doch darum, das wichtigste Ereignis in Darwins Leben sinnlich erfahrbar zu machen. Unablässig sammelte der britische „Naturalist“ auf seiner Passage Pflanzen, Tiere, Korallenstöcke, Fossilien und Gesteinsproben. Gemeinsam mit seinen Notizen bildeten die Objekte das Fundament des Wissens, auf dem später Darwins Gedankengebäude entstehen sollte.

Für quälende Enge und Seekrankheit auf dem Schiff wurde Darwin mehr als entschädigt: durch seine Begegnung mit der fremdartigen tropischen Natur. Beim Betrachten von Schmetterlingen, Bäumen und Blumen verfiel er in Euphorie. „Der Geist ist ein Chaos aus Entzücken“, schrieb er. So viel Entrückung hätte man dem stets etwas grimmig dreinblickenden Privatgelehrten kaum zugetraut.

Das Naturkundemuseum hat die Ausstellungsobjekte aus seinem reichen Fundus bereitgestellt. Gezeigt werden jene Arten, die auch Darwin sammelte. Bleiche Pilzkorallen aus Neuseeland, Kegelschnecken aus Tahiti, versteinerte Überreste von „Darwins Riesenfaultier“ aus Patagonien, gefleckte Jaguarfelle aus Montevideo. Und natürlich die legendären Darwinfinken. Mehr als 350 Objekte zeigt die Schau.

Eher unscheinbar sind jene Handvoll Objekte in der Ausstellung, die von Darwin selbst stammen. Ein Glasröhrchen mit rötlichem Passatstaub etwa, gesammelt auf der „Beagle“. Darwin schickte solche Proben nach Berlin, weil hier der angesehene Mikrobiologe Christian Gottfried Ehrenberg forschte. Der sollte den Staub auf Lebensspuren untersuchen.

Darwin wäre nicht Darwin, wenn er es beim Sammeln und Katalogisieren belassen hätte, wie manch anderer vor ihm. Stattdessen entwickelte er auf der Basis seiner Beobachtungen und Untersuchungsobjekte eine umfassende Theorie über den Wandel der Arten. Der Evolutionstheorie und Darwins Lebenslauf ist der zweite Teil der Ausstellung gewidmet, der im Wesentlichen aus Schautafeln besteht und in die Dauerausstellung integriert ist. Bei Darwin folgte eben auf die Praxis die Theorie. Hartmut Wewetzer

Bis zum 31. August: „Darwin – Reise zur Erkenntnis“ im Museum für Naturkunde, Invalidenstraße 43. Im Internet unter www.naturkundemuseum-berlin.de

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