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Exmatrikulation: Zwang für 0,001 Prozent

Langsame aus der Uni werfen: Bei der Zwangsexmatrikulation kommen SPD und Linke ihren Kritikern entgegen – aber nur ein bisschen.

Die „Zwangsexmatrikulation“, gegen die die Berliner Studierendenvertreter seit Monaten kämpfen, bleibt. Die Fraktionen der SPD und der Linken im Abgeordnetenhaus versuchen zwar, den Studierenden mit einem Änderungsantrag zur Novelle des Berliner Hochschulgesetzes entgegen zu kommen. Doch die dort vorgesehene Kuschelversion der „Zwangsexmatrikulation“ wird den Hochschulen nicht vorgeschrieben, sondern ihnen nur vorgeschlagen. Beschließt der Wissenschaftsausschuss mit der rot-roten Mehrheit am morgigen Mittwoch den Änderungsantrag, dürfen die Fachbereiche der Hochschule ihre bisherigen unterschiedlichen Verfahrensweisen beibehalten, von denen manche strenger, manche allerdings auch noch weicher sind.

Entscheidet sich eine Hochschule dafür, den rot-roten Vorschlag in ihre Rahmenstudien- und prüfungsordnung aufzunehmen, können Langzeitstudierende erst dann zu einer Studienberatung verpflichtet werden, wenn sie nach der Hälfte der Regelstudienzeit weniger als ein Drittel der eigentlich zu erbringenden Leistungspunkte erreicht haben. „Im Dialog“ mit einem Professor und einem Beisitzer legen sie nun Studienziele für sich fest. Erreichen sie davon schließlich weniger als ein Drittel im vorgesehenen Zeitraum, können sie zwangsweise exmatrikuliert werden, wobei die Professoren die persönliche Lage der Studierenden berücksichtigen müssen. Von diesem „Hammer“ würden voraussichtlich „nur 0,001 Prozent“ der Studierenden betroffen sein, sagt Lars Oberg, der SPD-Wissenschaftsexperte.

Peter-André Alt, der Präsident der Freien Universität, der momentan auch für die Landesrektorenkonferenz spricht, hält es für wichtig, „Parkstudierende“ auch exmatrikulieren zu können. So werde die FU den Numerus clausus jetzt etwa von der Mathematik nehmen. Das aber berge die Gefahr, dass sich dort Studierende einschreiben, um auf einen Platz in ihrem Wunschfach zu warten. Auch müsse es eine Möglichkeit geben, Studierenden, „die auf dem völlig falschen Weg sind“, eine „Lebenskatastrophe“ zu ersparen. „Nicht akzeptabel“ sei hingegen die Praxis in manchen Fächern, Studierende mit extrem schwierigen Prüfungen im vierten Semester absichtlich zu 50 Prozent durchfallen zu lassen, um sie im zweiten Anlauf schließlich rauswerfen zu können.

SPD und Linke versuchen, die Kritik der Studierendenvertreter noch in anderen Punkten aufzunehmen. Studentische Hilfskräfte werden wieder für vier Semester, nicht nur für zwei engagiert. Der Anteil am Studium, in dem frei aus anderen Bereichen gewählt werden kann, wird jetzt auf „in der Regel“ ein Fünftel festgelegt – im Gesetzentwurf von Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner war es den Hochschulen überlassen worden, ein angemessenes Maß zu finden. Prüfungen sollen „mindestens“ zwei Mal wiederholt werden dürfen. Das heißt, die Hochschulen können auch eine dreimalige Wiederholung zulassen. Zöllner hatte die Zahl der Wiederholungen von Prüfungen auf zwei begrenzt. Mehr Spielraum wollen die Fraktionen auch beim Anteil der benoteten Leistungen am Studium. Zöllner hatte gewollt, dass „mindestens“ drei Viertel der Leistungen benotet werden, im Änderungsantrag erlaubt die Formulierung („in der Regel drei Viertel“) nun auch, weniger als drei Viertel zu benoten.

Die vielen anderen umstrittenen Punkte des Zöllner-Entwurfs tastet die Koalition nicht an: Die von allen Seiten abgelehnten Dozenten mit hoher Lehrverpflichtung und die Wissenschaftlichen Mitarbeiter für Lehre werden als Option von der Novelle eröffnet. Die schon vorher existierende Regelung zum Teilzeitstudium, die jetzt aber ausführlicher und somit zum Kummer der Hochschulleitungen womöglich verbindlicher ist, bleibt ebenfalls erhalten.

Anja Schillhaneck von der Grünen-Fraktion erklärte am Montag, die Novelle sei so, „dass man die Hände über dem Kopf zusammenschlägt“. Die Grünen wollen die Novelle bis zur nächsten Legislaturperiode auf Eis legen. Mit mehreren Änderungsanträgen weisen sie exemplarisch auf „unsinnige Regeln“ hin. So würden sie die „Zwangsexmatrikulation“ gerne abschaffen. Statt dessen könne man ein Minimum an Leistungspunkten pro Semester vorschreiben, weshalb auch Regelungen zum Teilzeitstudium oder zur Regelstudienzeit entfallen könnten. Die Wahlfreiheit im Studium soll bei einem Drittel liegen. Die Wissenschaftlichen Mitarbeiter für Lehre lehnen die Grünen ab. Schillhaneck rechnet damit, dass die Koalition ihre Novelle trotz aller Kritik schon in der nächsten oder der übernächsten Woche verabschieden wird.

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