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Forschung: Schavans Ehrgeiz

Wissenschaft als Jobmotor: Der Bund gibt immer mehr Geld für Forschung aus - trotzdem tut Deutschland nicht genug.

Die Bundesregierung gibt mehr Geld für Forschung und Entwicklung (FuE) aus als je zuvor. In diesem Jahr werden es voraussichtlich 11,2 Milliarden Euro sein. Vor zehn Jahren waren es noch 8,2 Milliarden. Bundesforschungsministerin Annette Schavan sieht Deutschland „auf Expansionskurs“. Weil „Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Wohlstand“ nur durch Investitionen in Forschung und Entwicklung zu sichern seien, werde die Bundesregierung auf diesem Feld auch in Zukunft Prioritäten setzen, sagte Schavan am Mittwoch bei der Präsentation des Bundesberichts „Forschung und Innovation“.

Der über 600 Seiten starke Bericht gleicht einer Enzyklopädie der deutschen Forschung. Er enthält Auskünfte über Deutschlands FuE-Ausgaben im weltweiten Vergleich ebenso wie eine Auflistung überregionaler Fachbibliotheken oder eine kurze Geschichte des Berliner Wissenschaftskollegs. Künftig sollen sowohl der Bericht als auch ein Gutachten unabhängiger Experten zur deutschen Forschung alle zwei Jahre erstellt werden.

Gibt der Bund auch immer mehr Geld für die Forschung aus – es ist doch noch zu wenig. Denn Deutschland soll im Jahr 2010 drei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für FuE ausgeben. So lautet das im Rahmen der europäischen Lissabon-Strategie beschlossene Ziel. Erreicht werden kann es aber nur mithilfe der Wirtschaft, die zwei Drittel der Ausgaben erbringen muss. Bund und Länder teilen sich das andere Drittel.

Zwar hat die Wirtschaft zwischen 2005 und 2007 ihre Aufwendungen um 4,2 Milliarden Euro auf 42,8 Milliarden Euro gesteigert – aus Schavans Sicht ein Erfolg ihrer Politik, die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft besonders unterstützt. Doch müsste die Wirtschaft 55 Milliarden Euro bis 2010 für FuE aufwenden, soll Deutschland das Ziel erreichen – eine kaum noch zu erreichende Summe. Auch die Ausgaben der Länder dämpfen Hoffnungen, bewegen sie sich doch seit Jahren unter denen des Bundes und entwickeln sich kaum: Im Jahr 1997 gaben die Länder 7,4 Milliarden Euro aus, im Jahr 2005 waren es noch immer nur 7,7 Milliarden. Selbst wenn aktuelle Zahlen der Länder der Bundesregierung nicht vorliegen, dürften sie auch jetzt noch weit hinter dem Bund zurückbleiben.

Schavan hält trotzdem am Drei-Prozent-Ziel fest: „Aller Ehrgeiz muss daran gesetzt werden“, sagte sie. Das sei auch die Meinung des Bundesfinanzministers. Mit Peer Steinbrück hatte sich Schavan unlängst über die weitere Erhöhung des Forschungsetats gestritten. Schavan erwartet, dass Deutschlands Ausgaben für FuE von jetzt 2,7 Prozent im Jahr 2009 auf 2,85 Prozent steigen.

Weltweit an der Spitze standen mit ihren Ausgaben nach dem Bundesforschungsbericht im Jahr 2005 Israel (4,5 Prozent am Bip), Schweden (3,9 Prozent) und Finnland (3,5 Prozent). Zur Schlussgruppe gehörten Rumänien (0,41 Prozent), Argentinien (0,46 Prozent) und auch das aufstrebende China (1,3 Prozent). Wie stark sich die öffentliche Hand jeweils engagieren muss, ist maßgeblich von der Wirtschaftskraft eines Landes abhängig, illustrierte Schavan am Beispiel der Schweiz. Die dort für FuE aufgewendeten 2,94 Prozent des Bip würden nur zu 0,6 Prozent von der öffentlichen Hand erbracht. In wirtschaftlich schwachen ostdeutschen Ländern müsse die öffentliche Hand hingegen die Hälfte der Mittel erbringen.

Noch 18 Jahre nach der Wiedervereinigung sei es nicht gelungen, Ost und West hinsichtlich FuE anzugleichen, heißt es in dem Bericht. Im Osten ist der Anteil der Beschäftigten, die Jobs in FuE haben, sogar gesunken, während er im Westen weiter stieg. Arbeiteten noch 1995 gut elf Prozent der Beschäftigten in FuE in Ostdeutschland, waren es 2006 nur noch 9,8 Prozent (30 654). Der Osten profitierte von den in diesem Sektor neu entstandenen 32 000 Arbeitsplätzen also nicht.

Wo fließt das Geld des Bundes für FuE hin? Den größten Teil (6,46 Milliarden Euro) gibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung aus. Es folgen das Wirtschaftsministerium mit 2,16 Milliarden und das Bundesministerium mit 1,24 Milliarden Euro. Der höchste Anteil des Geldes entfällt auf die Forschungsorganisationen und die Hochschulen (siehe Grafik), gefolgt von der Wehr- und der Weltraumforschung. Am stärksten gestiegen sind die Ausgaben für die Erforschung nachwachsender Rohstoffe.

Eins der wichtigsten Felder, wenn es um die Schaffung von Arbeitsplätzen geht, sind für Schavan die optischen Technologien. Gegenüber dem Jahr 2005 werde die Zahl der dort Beschäftigten voraussichtlich im Jahr 2015 um 40 000 Arbeitsplätze auf 143 000 Beschäftigte steigen. Als weiteren Jobmotor hat Schavan die Biotechnologie identifiziert. In den rund 500 oft kleinen und mittleren deutschen Unternehmen dieses Sektors sei die Zahl der Beschäftigten in den letzten zwei Jahren „deutlich gestiegen“, auf nunmehr 29 500.

Der Bericht im Internet unter: Bundesbericht.

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