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In der Lehre erreichen Unis ihre Ziele noch am besten, sagen Hochschulleitungen.

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Gastbeitrag zur Uni-Governance: Hochschulen müssen besser regiert werden

Strategiefähigkeit sollte eine größere Rolle im Exzellenzwettbewerb spielen. Denn bei vielen Hochschulen hapert es an der Umsetzung von Strategien. Ein Gastbeitrag.

Wie steht es um die Strategiefähigkeit der deutschen Hochschulen? Nicht zuletzt das Diktum des DFG-Präsidenten Peter Strohschneider, deutsche Universitäten hätten „ein relativ schwaches konzeptionelles Selbstbewusstsein“, hat diese Debatte in Gang gesetzt. Dabei schließt sich Strohschneider nur dem Urteil der Imboden-Kommission an, die den deutschen Universitäten bescheinigt, dass ihnen der Übergang von einer „Dienststelle des Ministeriums“ zu einer unternehmerisch denkenden und handelnden Institution ebenso schwerfällt „wie die Beseitigung gewisser kollegialer Entscheidungskulturen, welche die universitäre Dynamik bremsen“.

Wohin sollen sich also die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen entwickeln? Wie strategiefähig sind die Hochschulen? Haben sie die richtigen Governancestrukturen? Die Unternehmensberatung Kienbaum und der Stifterverband haben gemeinsam zu diesen Fragen die Präsidenten und Rektoren der deutschen Universitäten und Fachhochschulen um Stellungnahmen gebeten und 103 Hochschulleiter haben geantwortet. Das Ergebnis: Nach Einschätzung der Hochschulleitungen hapert es nicht an der Strategieentwicklung, sondern an der Umsetzung. Dies lässt sich in Zahlen ausdrücken: Jeder dritte Hochschulleiter gibt in der Befragung an, dass seine Hochschule die gesteckten Ziele für die Lehre nicht erreicht, für die Forschung sind es 50 Prozent. Auf den Zukunftsfeldern Digitalisierung und Wissens- und Technologietransfer schneiden die Hochschulen nach Aussagen der eigenen Leitung noch schlechter ab.

Die Entscheidungsstrukturen sind ein Hindernis

Als Hindernis stellen sich die rechtlich vorgegebenen Gremien- und Entscheidungsstrukturen heraus. Die Mehrheit der Hochschulleitungen, rund 55 Prozent, hält diese zwar für geeignet, eine Strategie zu entwickeln, aber gerade einmal jeder vierte Hochschulleiter gibt an, dass sie deren Implementation und Umsetzung gut unterstützen. Um das zu verändern, machen sie konkrete Vorschläge. Für sehr förderlich halten sie die Stärkung der Hochschulleitungen und der Dekanate. Um Verantwortlichkeiten für die Erreichung bestimmter Ziele zu verankern, sprechen sich die Hochschulleitungen mehrheitlich für das Ressortprinzip in der Hochschulleitung und damit gegen die Einheitsverwaltung unter einem Kanzler aus. Eine Aufwertung von Senaten und Hochschulräten halten die Hochschulleiter nicht für geeignet, um die Strategiefähigkeit zu fördern.

Der Autor: Volker Meyer-Guckel ist Mitglied der Geschäftsleitung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.
Der Autor: Volker Meyer-Guckel ist Mitglied der Geschäftsleitung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.

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Eine Analyse der Ressorts von Vizepräsidenten stützt diese Aussagen der Hochschulleitung, denn sie zeigt, dass es einen engen Zusammenhang dabei gibt, wie die Ressorts in der Hochschulleitung verankert sind und inwiefern sie ihre Ziele erreichen. Die beiden Bereiche, in denen Hochschulen nach Aussagen der Leiter ihre Ziele am besten erreichen, sind zugleich die Bereiche mit den mit Abstand häufigsten Ressortzuordnungen: Lehre und Forschung. Deutlich schlechter erreichen Hochschulen ihre Ziele im Wissens- und Technologietransfer, der in der Hochschulleitung auch deutlich schlechter verankert ist: Nur an 31 Prozent aller staatlichen Hochschulen findet sich ein Vizepräsident oder Prorektor für Transfer. Dass Strategien auch tatsächlich umgesetzt werden, scheint eng mit persönlicher Verantwortung verknüpft zu sein.

Themenkonjunkturen folgen Hochschulen seltener als gedacht

Über den Einfluss staatlicher Steuerungsinstrumente auf die Hochschulstrategie sind die Hochschulpräsidenten und -rektoren gespaltener Meinung. Gut ein Drittel bescheinigt staatlichen Steuerungsinstrumenten keinen oder nur einen sehr geringen strategischen Einfluss. Den höchsten Einfluss räumen Hochschulleiter Zielvereinbarungen und Drittmittelwettbewerben ein. Die Mehrheit der Hochschulleitungen stimmt der Aussage zu, dass sich die Hochschule nur an Wettbewerben beteiligt, wenn diese zu den gesetzten Zielen passen. Hochschulen folgen damit Themenkonjunkturen deutlich seltener, als manchmal vermutet wird.

Was bleibt für die Rektoren und Präsidenten zu tun? Es wäre nicht verwunderlich – und besonders gewinnbringend –, wenn die Gutachter in der kommenden Runde der Exzellenzinitiative genauer hinsehen würden, wie funktionsfähig die Governance der Exzellenzuniversitäten tatsächlich ist. Hochschulen sollten deshalb ihre Leitungs- und Entscheidungsstrukturen überprüfen und weiterentwickeln. Zwei Drittel der Hochschulleiter vertrauen bei Fragen der Weiterentwicklung ihrer Organisation übrigens auf kollegialen Austausch.

Die Länder sollten durch Experimentierklauseln diesen Prozess unterstützen und nicht durch allzu strikte Vorgaben Gremienstrukturen zementieren, die von den Hochschulen als dysfunktional erachtet werden. Eine Kombination aus organisationalem Lernen und geeigneten gesetzlichen Rahmenbedingungen schafft die Voraussetzungen für strategiefähige Hochschulen in Deutschland.

Lesen Sie auf unserem Debattenforum "Causa" auch die Diskussion: Sind Universitäten unregierbar?

Volker Meyer-Guckel

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