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Dieses Bauwerk aus „BioKnit mycocrete“ von 1,8 Meter Höhe und zwei Metern Durchmesser steht schon.

© Hub for Biotechnology in the Built Environment

Gestrickt gemacht: Verfahren liefert Baumaterial auf Pilzbasis

Seit Jahren suchen Forscher nach umwelt- und klimafreundlichen Baumaterialien - etwa auf Basis von Pilzen. Ein nun vorgestelltes Verfahren ermöglicht ein besonders festes Pilz-Komposit-Material.

Von Stefan Parsch, dpa

Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, um auf Basis von Pilzen einen besonders nachhaltigen Baustoff herzustellen. Dabei gibt ein aus Wolle gestricktes Gewebe einem pastenartigen Grundstoff Halt, der dann von Pilzgeflecht durchwuchert wird. Das Ergebnis sei erheblich fester als andere Pilz-Komposit-Materialien, wenn auch noch nicht so fest wie Holz, schreibt die Gruppe um Jane Scott von der Universität Newcastle im Fachmagazin „Frontiers in Bioengineering and Biotechnology“.

Pilze haben aber unter anderem den Vorteil, dass ihr Geflecht, das Myzel, in eine Form hineinwachsen kann. Das ermöglicht etwa Möbelteile oder Baustoffe ohne Naht. Das Problem mit festen formgebenden Teilen war jedoch bislang, dass Pilze nicht genügend Sauerstoff bekamen und dadurch nicht optimal wuchsen. Scott und Kollegen experimentierten deshalb mit einem aus Merinowolle gestrickten Gewebe, das genügend Luft an das Substrat lässt, in dem der Pilz wachsen soll.

„Der große Vorteil der Stricktechnologie im Vergleich zu anderen textilen Verfahren ist die Möglichkeit, dreidimensionale Strukturen und Formen ohne Nähte und ohne Abfall zu stricken“, wird Scott in einer Mitteilung des Fachmagazins zitiert. An dem Forschungsprojekt waren auch Designer beteiligt, die ein selbststehendes Gebilde mit Parabelbögen gestalteten, das 1,8 Meter hoch ist und einen Durchmesser von zwei Metern hat. Möglich gemacht hat das Objekt – neben der gestrickten Form – eine Paste, die Nährstoffe, Stützstrukturen und Wasser für das Pilzwachstum bereitstellte.

Diese Paste besteht aus Buchenholz-Sägemehl, Papierfaserklumpen, Papiermehl, dem Mehrfachzucker Xanthan, Glyzerin und mehr als 75 Prozent Wasser. Sie wird mit einer Injektionspistole in den gestrickten Schlauch eingebracht und gleichmäßig verteilt. In den ersten acht Tagen steckte dieser Schlauch mit der Paste in einer Plastikstruktur, um die vorab gestaltete Form zu erhalten. Von der Plastikform befreit, wuchs der Pilz der Art Ganoderma lucidum (Glänzender Lackporling) kräftig. Bevor er Fruchtkörper bilden konnte, wurde er getrocknet und bildete mit den Resten der Paste das Pilz-Komposit-Material.

In verschiedenen Versuchsszenarien prüften die Forscher die Eigenschaften der fertigen Substanz. So hatte das aus der Paste entstandene Material eine größere Dichte und bessere mechanische Eigenschaften als ein Pilz-Komposit-Stoff, bei dem der Pilz nur auf Basis von Buchenholz-Sägemehl gewachsen war. Ein Pilz-Komposit-Material, das ohne Hülle gewachsen war, zeigte hingegen beim Trocknen Risse und verlor seine mechanische Stärke. Die gestrickte Merinowolle sorgt offenbar dafür, dass das Schrumpfen beim Trocknungsprozess gleichmäßiger abläuft und nicht so massiv ausfällt.

„Das ist eine interessante Studie, aber keinesfalls revolutionär“, sagt Markus Baumann von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe in Gülzow-Prüzen. Da die Studienautoren das hergestellte Material als Baustoff ansehen, vermisst er weitergehende Prüfungen, etwa auf Feuchte- und Feuerbeständigkeit. Der Hauptvorteil des Pilz-Komposit-Materials sei im Vergleich zu anderen Pilz-Kompositen seine relativ freie Gestaltung während der Produktion.

Baumanns Kollege Robert Hardt sieht in dem vorgestellten Verfahren eine Grundidee, bei der noch viele Optimierungen vorgenommen werden können. Neben den Materialeigenschaften gehe es nun darum, den beschriebenen Herstellungsprozess aus wirtschaftlicher Sicht zu optimieren.

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