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Globale Durchschnittstemperatur stagniert: Die Erwärmungspause könnte länger dauern

Die Stagnation der Temperaturen hängt mit dem Wettergeschehen über dem Atlantik zusammen. Das behaupten drei Klimaforscher in einer aktuellen Studie. Das Wechselspiel zwischen Atmosphäre und Ozean könnte dazu führen, dass die Erderwärmung noch weitere 14 Jahre pausiert.

Verändern sich Islandtief und Azorenhoch, beeinflusst das nicht nur das europäische Wetter, sondern auch das Klima. In welcher Form das passiert, erläutern jetzt drei aus China stammende Wissenschaftler im Fachjournal „Geophysical Research Letters“. Sie stellen eine neue Hypothese auf, die erklären könnte, warum die globale Mitteltemperatur seit dem Jahr 2001 auf etwa gleichem Niveau stehen geblieben ist.

Fei-Fei Jin von der Universität von Hawaii hat zusammen mit Mitgliedern der chinesischen Akademie der Wissenschaften die „Nordatlantische Oszillation“ (NAO) untersucht. Bei dieser Oszillation schwankt der Luftdruckunterschied zwischen Islandtief und Azorenhoch. Ist die Druckdifferenz besonders groß („positive“ NAO), dringen Westwinde bis nach Mitteleuropa vor und sorgen hier für milde Winter. Ist die Druckdifferenz gering („negative“ NAO), strömt vermehrt frostige Luft aus Nordosten heran und es wird im Winter kalt. Die Ursachen der NAO sind umstritten. Für Supercomputer entwickelte Klimamodelle jedenfalls sind mit der Oszillation noch überfordert. Dennoch wollten die drei Wissenschaftler herausfinden, ob sich mit der NAO das Klima vorhersagen lässt.

Eine statistische Analyse zeigte nämlich, dass die Temperatur auf der Nordhalbkugel der NAO um ungefähr 16 Jahre hinterherhinkt. Darum entwickelten die Autoren ein vereinfachtes Vorhersagemodell, das die NAO mit der Mitteltemperatur auf der Nordhalbkugel in Beziehung setzt. Sie kalibrierten es mithilfe von Klimadaten der vergangenen hundert Jahre. Mit dem Modell lasse sich die in jüngster Zeit zu beobachtende Stagnation der Temperatur auf der Nordhalbkugel erklären, schreibt das Team.

Andere Forscher vermuten die "fehlende" Wärme im Pazifik

Das ist bemerkenswert, schließlich wird die Stagnation der Mitteltemperaturen von Klimaforschern meist auf andere Phänomene zurückgeführt. Vor allem eine erhöhte Energiespeicherung im Pazifik soll die durch Treibhausgase angetriebene Erwärmung der Luft gebremst haben. Die neue Studie weist auf eine andere mögliche Ursache hin. Bei der spielt ebenfalls der Ozean eine Hauptrolle. Es ist gut möglich, dass in der Realität mehrere Ursachen zusammenwirken.

Wie die NAO auf das Klima wirkt, lässt sich grob vereinfacht so erklären: Sie verändert Strömungen und Wassertemperaturen im Atlantik. Aber anders als die Atmosphäre besitzt der Ozean ein „Langzeitgedächtnis“: Er konserviert die Veränderungen von Temperatur und Salzgehalt und kann dadurch auch noch Jahre später das Wettergeschehen beeinflussen. So kann eine negative NAO-Phase noch mehr als ein Jahrzehnt später zu einer vom Atlantik ausgehenden Kühlung der Luft über der Nordhalbkugel führen.

Ihren letzten Höhepunkt erreichte die NAO Anfang der Neunzigerjahre, seitdem ist sie auf dem absteigenden Ast. Dem Modell der Forscher zufolge könnte diese Entwicklung dazu geführt haben, dass die menschengemachte Erwärmung der Atmosphäre in den vergangenen Jahren „neutralisiert“ wurde. Die Autoren spekulieren sogar, dass die Erwärmungspause auf der Nordhalbkugel bis zum Jahr 2027 andauern könnte. Die Klimamodelle für Supercomputer haben solche Aussichten bisher nicht produziert.

Die Studie von Fei-Fei Jin und Kollegen ändert aber nichts daran, dass sich die Luft an der Erdoberfläche durch den wachsenden Treibhauseffekt – sofern er alleine wirksam wäre – bis 2100 und darüber hinaus erwärmen würde. Allerdings deutet die Arbeit darauf hin, dass der natürliche Klimafaktor NAO bisher unterschätzt wurde.

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