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Sabine Kunst ist Präsidentin der Humboldt-Universität.

© Matthias Heyde

Humboldt-Universität zu Berlin: „Aktuelle Lehre für erstklassige Forschung“

Die Digitalisierung verändert das wissenschaftliche Arbeiten. Sie bringt Lernende und Lehrende näher zusammen – und erfordert neue Kompetenzen.

Wilhelm und Alexander von Humboldt hätten mit der Digitalisierung von Lehre und Forschung wahrscheinlich ihre Freude gehabt. Vielleicht hätten sie sich beklagt, dass dadurch Arbeit und Privatleben stark beschleunigt werden und hätten – wie heutige Wissenschaftler – unter der hohen Schlagzahl von Publikationen im Forschungsbetrieb gelitten. Aber als offene und fortschrittliche Menschen hätten sie die Möglichkeiten geschätzt und genutzt.

Insbesondere in der Lehre wäre es dem Gründungsvater der ältesten Universität Berlins, Wilhelm von Humboldt, dessen 250. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern, sicherlich recht gewesen, dass die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden mit der Digitalisierung der Lehre in einer wieder ganz aktuellen Weise Realität wird. Allein schon durch den direkten Kontakt zu den Dozenten über E-Mail, soziale Medien oder durch Foren auf Lernplattformen sind die Lernenden heute näher dran an den Lehrenden als früher. Professoren sind keine unnahbaren Autoritätspersonen mehr.

Die Digitalisierung verändert zwar seit Jahren die Lehre, aber allen Unkenrufen zum Trotz, die Präsenzlehre werde aussterben, sind die Hörsäle und Bibliotheken nach wie vor gut gefüllt. Die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden ist aber nicht nur auf die Räume der Universität beschränkt, sondern hat sich auf virtuelle Räume ausgedehnt wie beispielsweise auf virtuelle Lehr-Communities. Dozenten stellen Inhalte in Lernplattformen ein, die Studierenden tauschen sich gemeinsam mit ihnen darüber aus. Die Rolle der Lehrenden verändert sich dadurch: Sie sind in einer neuen Verantwortung, weil sie angesichts der auch für sie selbst kaum noch zu überschauenden Fülle von Informationen, Quellen und Texten, die durch das Internet für die Lehre zur Verfügung stehen, den Studierenden Quellenkritik vermitteln müssen. Was sind das für Informationen? Wo kommen sie her? Wie können sie überprüft werden? Auf diese Kompetenz kann man in zunehmend digitalisierter Lehre und Forschung nicht verzichten.

Berliner Hochschulen müssen die Digitalisierung der Lehre vorantreiben

Die Humboldt-Universität zu Berlin setzt digitale Medien zur Überwindung von räumlicher Distanz und zur verstärkten Einbindung internationaler Gastdozenten ein und wird die Digitalisierung der Lehre vorantreiben, um das Studium zu erleichtern. Dadurch können Lehrende und Studierende noch stärker gemeinsam über wissenschaftliche Themen diskutieren als dies im Rahmen klassischer Formate wie Seminar oder Vorlesung möglich ist. Darüber hinaus ist die Digitalisierung des Hochschulalltags nötig, um der stetig steigenden Zahl der Studierenden gerecht zu werden, weil dadurch die Teilhabe an den Angeboten der Universität erweitert wird.

Die Digitalisierung verändert nicht nur Lehre und Forschung, sondern die gesamte Gesellschaft. Um dies zu untersuchen, hat das „Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft“ kürzlich seine Arbeit in Berlin aufgenommen. Das zeigt, wie erfolgreich Berliner und Brandenburger Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Verbund kooperieren. In diesem Sinne sollte es weitergehen. Gemeinsam müssen die Berliner Hochschulen auch die Digitalisierung der Lehre vorantreiben. Denn nur aktuelle Lehre führt auch zu erstklassiger Forschung.

Die Autorin ist Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Artikel ist am 14.Oktober 2017 in einer Beilage der Humboldt-Universität zum Start des Wintersemesters 2017/2018 erschienen.

Sabine Kunst

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