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Fahrgäste der BVG bekommen im neuen U-Bahnhof Unter den Linden geistige Anregung. 

© Clara Meyer-Horn

Kunst im Untergrund: U-Bahnhof wird Think-Tank

Die Berliner Humboldt Universität bespielt den neuen U-Bahnhof Unter den Linden mit einer Ausstellung: Beim Warten auf die nächste U-Bahn kann man sich dort mit Migration und Klimawandel befassen.

In noch nie dagewesener Art und Weise greift der Mensch in die Abläufe des Systems Erde ein, mit zunehmend spürbaren Folgen für Natur und Gesellschaft. Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) zeigt im neu eröffneten U-Bahnhof der Linie U5, Unter den Linden, eine Ausstellung zu den Wechselwirkungen von Mensch und Natur.

Auf 16 Tafeln mit einer Größe von 6,2 mal 1,8 Metern visualisieren Wimmelbilder der Berliner Grafikerin Nele Brönner auf spielerische Art die wichtigsten Fragestellungen mit denen sich die Wissenschaft im geologischen Zeitalter des Menschen auseinandersetzt.

„Wir freuen uns sehr auf diese für uns sehr ungewöhnliche Weise, Wissenschaft in den Alltag der Menschen zu bringen“, sagte Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität anlässlich der Ausstellungseröffnung. „Wir hoffen, dass sich die Fahrgäste – ob jung oder alt – dazu animieren lassen, sich auf die Wissenschaft und ihre Themen einzulassen.“

Einer von zwei werbefreien Themenbahnhöfen in Berlin

Im Kontext des Ausbaus der U5 hatte der Berliner Senat zwei der neuen Bahnhöfe zu Themenbahnhöfen erklärt, die werbefrei gestaltet werden sollen. Einer davon ist der sogenannte „Bahnhof der Wissenschaften“ Unter den Linden, nur ein Katzensprung von der HU entfernt.

„Auch wenn sie den Tunnelblick eher scheut und stets Bahnbrechendes im Sinn hat, passt die Wissenschaft ganz hervorragend zur BVG. Beide bewegen Berlin und sind überall in unserer Stadt zu finden“, sagt Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator von Berlin.

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Der Kern der Ausstellung, die Wimmelbilder, umfassen 669 Begriffe und 258 Bildelemente, die durch Gespräche mit etlichen Wissenschaftlern entstanden sind. Sie sollen die komplexen Zusammenhänge und die Verwobenheit von Ereignissen der menschlichen Geschichten künstlerisch verbildlichen.

So werden Elemente des Anthropozän verbal heraufbeschworen und durch grafische Animationen typischer Strukturen und Begrifflichkeiten, die sich aus der Beschäftigung mit dem Thema ableiten, ergänzt.

Mal sind diese Zusammenhänge klar, mal eher schleierhaft – doch gerade solch schleierhafte Verbindungen können verdeutlichen, dass auch ferne Prozesse durch menschliche Aktivität verbunden sind.

Was verbindet Erdöl, Microchips und Ackerbau? Die bunten Wimmelbilder der Berliner Grafikerin Nele Brönner sollen die Zusammenhänge zwischen menschlichen Aktivitäten und ihren Folgen visualisieren.

© Clara Meyer-Horn

So klingen die Begriffe „Steinschmätzer“, „Exportweltmeister“ und „Smiling Buddha“ zunächst wie wahllos zusammengeworfen, auf einem Plakat sind sie aber unter dem Überbegriff „Molekulare Mobilisierung“ vereint. Der genaue Bezug, den die Begriffe zueinander haben, wird jedoch nicht erläutert. Es geht scheinbar eher um die thematische Sensibilisierung oder um allgemeine Interessenweckung.

Technologische Entwicklungen und die stetig wachsende Weltwirtschaft haben das soziale Miteinander geprägt und „das Verhältnis zur Umwelt auf eine harte Probe gestellt“, heißt es auf einem auffällig schlichten Plakat inmitten der bunten Wimmelbilder.

Bewusstsein für die Wissenschaft im Alltag schaffen

Die Wissenschaft rücke die Probleme unserer Gesellschaft in den Fokus, von der Ökologie und Klimaforschung bis zur Geschichte, Soziologie und Anthropologie. Sie erhebe Unmengen Daten, aus denen Informatik und Mathematik Modelle für Gegenwart und Zukunft berechnen könnten.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit höchst aktuellen Themen. Auch die gegenwärtige Pandemie ist vertreten, mit Worten wie „Shutdown“, „Solidarität“ und „Corona-Senke“. Auf den letzten zwei Plakaten vor dem dunklen U-Bahn-Tunnel ist „Tipping Point“ zu lesen.

Hier geht es vor allem um die menschlichen Aktivitäten, die zum Klimawandel beitragen. Unter anderem drängen sich die Begriffe „Smog“, „Flächenversieglung“ und „Dubai“ um die Überschrift. Die ergänzende Grafik zeigt breite Autobahnen, Klimaproteste, Waldrodung, Luxus-Handtaschen und dichte Hochhausblöcke.

Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt der Humboldt Universität, der Schiel-Projektgesellschaft, der Ausstellungsagentur The GreenEyl, dem Büro für prekäre Konzepte sowie der Grafikdesignerin Nele Brönner.

Weitere Informationen zur wissenschaftlichen Befassung mit den Themen und Elementen sind auf der HU-Website unter der Überschrift „Open Humboldt“ zu finden.

Clara Meyer-Horn

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