zum Hauptinhalt

Ozeanologie: Wissenschaftler tauchen auf den Grund des tiefsten Sees der Welt

Russisches Team erforscht die Tiefen des Baikalsees.

Für ein Abenteuer, das Jules Vernes Ehren machen würde, bereiten sich russische Wissenschaftler darauf vor, in 1637 Meter Tiefe zu tauchen - auf den Grund des Baikalsees.

Das Team unternahm den ersten Versuch mit den bemannten Tauchfahrzeugen MIR1 und MIR2 - berühmt geworden durch den Film "Titanic" - am 29. Juli.

Die Expedition zog großes Medieninteresse in Russland auf sich und wird geleitet von Anatoly Sagalevich vom P.P. Shirshov Institut für Ozeanologie in Moskau. Ebenfalls beteiligt ist der bekannte russische Forscher Artur Chilingarov, Mitglied des Teams, das im August 2007 die russische Flagge auf dem Meeresgrund 4200 Meter unter dem Nordpol aufstellte, wohin MIR1 sie brachte.

In über dreißig Tauchgängen werden die Wissenschaftler Wasser- und Sedimentproben des Baikalsees nehmen und nach hydrothermischen Schloten suchen, die heißes Wasser in den See speien, sagt Robert Nigmatulin, Leiter des Shirshov Instituts.

Er fügt hinzu, dass das Team darüber hinaus Gashydratablagerungen vom Grund des Sees sammeln will. Bei hohem Druck und niedrigen Temperaturen wird Methangas von gefrorenen Wassermolekülen umhüllt.

Bislang hat niemand Gashydrat in der Tiefe des Sees abgebaut, obwohl es bereits in Bohrlöchern in mehr als einhundert Metern Tiefe unter dem Grund gefunden wurde und sich auch in seismischen Studien zeigte. Nigmatulin hofft, dass die Proben, die von den Tauchfahrzeugen gesammelt werden, weiteren Aufschluss über die Entstehung der Hydrate geben, da diese als potenzielle Energiequelle gehandelt werden.

Die Tauchfahrzeuge können Tiefen bis zu 6000 Meter erreichen, allerdings wurden sie für die Nutzung im Salzwasser konstruiert. Die unterschiedliche Dichte von Frischwasser bedeutet, dass bereits eine Woche für Testtauchgänge in 400 Meter aufgewendet wurde, um sicher zu gehen, dass Tauchgänge in größere Tiefen sicher durchgeführt werden können.

Der Baikalsee ist nicht nur der größte See der Welt - er ist gleichzeitig der älteste Frischwassersee. Er ist mehr als 25 Millionen Jahre alt und beinhaltet mehr als 20% des Frischwassers, das die Erdoberfläche bedeckt. Peter Rona vom Institute of Marine and Costal Sciences an der Rutgers University in New Brunswick, New Jersey, ist begeistert von der Möglichkeit, die einzigartige Geologie des Baikalsees zu untersuchen.

"Der Baikalsee befindet sich in einem Frühstadium des Umbaus zu einem Ozean", sagt Rona, der bereits bei Tauchgängen im Atlantik mit Sagalevich zusammengearbeitet hat. "Im Baikalsee kann man detailliert beobachten, was in diesen Frühstadien geschieht. In 200 Millionen Jahren könnte der See ein weiterer Ozean geworden sein."

Das Team, das sich aus etwa 30 internationalen Wissenschaftlern und Ingenieuren zusammensetzt, plant, den See mindestens einen Monat lang zu erkunden, sagt Nigmatulin. "Dies ist erst der Anfang", meint er. "Wir planen, 2009 wiederzusammen und dann 60 Mal zum Grund des Sees zu tauchen."

Dieser Artikel wurde erstmals am 28.7.2008 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2008.986. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Maria Rossbauer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false