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Flaschen

© Klaas

Recycling: Jacken aus Plastik-Flaschen

Aus unseren Kunststoffresten wird in China Kleidung genäht. PET-Flaschen zum Beispiel werden zu Polyesterfasern verarbeitet.

Wer schon einmal lange an der Leergutannahmestelle Schlange gestanden hat, um seine Pfandflaschen abzugeben, hat sich vielleicht gefragt, was mit den unzähligen Plastikflaschen passiert, die sich täglich in den Supermärkten ansammeln. Werden sie ausgewaschen und wieder befüllt? Ist das hygienisch?

"Unsere PET-Flaschen können bis zu 25 Mal wieder verwendet werden. Gerade Mineralwasser unterliegt den höchsten Qualitätsauflagen", erklärt Marketingleiter Christoph Bisewski von Vilsa-Brunnen aus Bruchhausen-Vilsen. "Wir verwenden andere Spülmittel als bei der Glasreinigung. Die Temperaturen sind zwar relativ gering, da die Plastikflaschen sonst kaputt gehen würden, aber dafür durchlaufen sie den Waschvorgang zwei Mal."

Es gibt aber auch eine Alternative: Plastikflaschen bestehen aus dem Kunststoff Poly-Ethylen-Terephthalat (PET). Der Grundstoff Polyester wird aus Öl gewonnen, einem Rohstoff, der zunehmend knapper und teurer wird. Aus Plastikflaschen, die nicht mehr zu befüllen sind, wird daher auch Kleidung gefertigt. Dazu werden die Flaschen gewaschen, sortiert und zu so genannten PET-Flakes verarbeitet – eine Form, die für den Transport günstiger ist. Der so entstandene Sekundärrohstoff wird zermahlen und erhitzt. Dann wird der geschmolzene Kunststoff im Spritzdüsenverfahren in Fäden gezogen, die anschließend zu Fasern verwoben werden. Das gewonnene Material wird zum Beispiel zu synthetischem Webpelz verarbeitet, besser bekannt unter dem englischen Namen "Fleece", zu Deutsch: Flausch.

Textilien aus Plastikflocken

Aus den Plastikflocken können aber auch andere Textilien hergestellt werden, die einen hohen Polyamid- und geringen Baumwollanteil haben. Polyesterfasern eignen sich besonders für Sportbekleidung, weil sie Feuchtigkeit gut vom Körper wegtransportieren können. "Die Farbe der Flaschen ist hierbei unwichtig, da die gewonnenen Stoffe später eingefärbt werden", sagt Sascha Schuh, Geschäftsführer von Ascon, der Gesellschaft für Abfall und Sekundärstoff Consulting in Bonn.

Es gibt inzwischen Textilunternehmen, wie die kalifornische Firma Patagonia, die mit recycelten Fleece-Jacken werben. Patagonia will seit 1993 mehr als zwei Millionen Liter Öl eingespart und den CO2-Ausstoß drastisch reduziert haben. Zudem spendet die Firma dem Naturschutz jährlich ein Prozent des Umsatzes.

Marktführer auf dem Gebiet des Textil-Recyclings ist China. Händler kaufen Supermärkten in Deutschland die Bier-, Limonaden- und Saftflaschen ab, die die Verbraucher zurückgebracht haben, und verschiffen sie als PET-Flakes nach China. Das rechnet sich, denn neues PET ist fast vier Mal so teuer wie gebrauchtes. Von den 800 Millionen PET-Flaschen, die jedes Jahr auf den deutschen Markt kommen, werden nur etwa 20 Prozent vor Ort zu neuen Flaschen, Blumentöpfen oder Schaumstoffen recycelt.

Starke Nachfrage nach deutschem Plastikabfall

Der chinesische Geschäftsmann Shubin Zhao hat 2004 die Firma "PlasTrade2 in Lüneburg gegründet. Er lässt die Plastikflaschen bereits in Deutschland zu Gewebe verarbeiten, das dann nach China exportiert wird. Dort "herrscht eine unglaublich starke Nachfrage. Die Leute kaufen, kaufen, kaufen", sagt Ascon-Geschäftsführer Schuh. Im Jahr 2006 seien 14,68 Millionen Tonnen Plastikabfälle nach China exportiert worden, davon 3,911 Millionen Tonnen PET. Bei einem Gewicht von 40 Gramm pro Flasche ergibt das knapp 100 Milliarden Plastikflaschen.

Wenn die Umwandlung von Plastikflaschen zu Fleece-Pullovern oder anderen Kleidungsstücken abgeschlossen ist, treten diese den Weg nach Europa an und werden hier teuer verkauft. Der Kostenaufwand für die Herstellung ist sehr gering. "23.500 klarbunte Flaschen wiegen zusammen eine Tonne und kosten 250 Euro", sagt Schuh. "Dazu kommen die Transportkosten von 100 Euro, die Händlermargen und das Rohmaterial mit 450 Euro." Da ein Pullover aus etwa 16 Flaschen entsteht, ergeben sich Materialkosten von nur 30 Cent pro Stück. Die Pullover werden hier jedoch für 50 bis 100 Euro verkauft. Richtig umweltfreundlich sind sie Kleider aus Recycling-Flaschen aber nicht: Zwar werden Rohstoffe wiederverwertet, aber durch den Transport nach China und zurück, wird sehr viel Energie verbraucht.

Wie der Export von Plastikabfällen in Zukunft geregelt wird, ist noch nicht geklärt. Am 12. Juli ist eine neue europäische Abfallverbringungsverordnung in Kraft getreten, durch die alle Länder, die nicht zur EU gehören, die Möglichkeit hatten, den Import von Plastikabfällen in ihr Land zu untersagen. "Da China sich dazu nicht klar geäußert hat, ist in Deutschland eine Übergangsregelung getroffen worden, die bis zum 15. Oktober gelten soll. Wie es danach weitergeht muss sich zeigen", sagt Manuela Hurst vom Bundesverband Sekundärstoffe und Entsorgung in Bonn. Im Herbst wird die Nachfrage nach Fleece-Jacken wieder steigen. Was mit den Plastikflaschen aus diesem Sommer passieren soll, falls China sie nicht mehr haben will, ist unklar.

Jana Bohlmann

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