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Wissen: „Schnelle Korrekturen“ Wackelpudding-Laser und Nobelpreis Der Physiker Theodor Hänsch wird 70

TU Berlin fordert mehr Geld für Hochschulen

Jörg Steinbach, Präsident der TU Berlin, fordert von den Berliner Koalitionspartnern „schnelle Korrekturen“ in der Hochschulpolitik – „vom Hochschulbau bis zur Betreuungsrelation“. Die Hochschulen könnten ihre Leistungen nur halten, wenn sie „angemessen ausfinanziert“ seien, erklärte Steinbach am Montag anlässlich der andauernden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU.

Die TU lehne die von Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner eingeführte „Leistungsbasierte Hochschulfinanzierung“ weiterhin ab. Diesem „Preismodell“ nach bekommen die Hochschulen zwei Drittel ihrer staatlichen Mittel nach Leistungen in Forschung und Lehre. Steinbach kritisiert, die Leistungsparameter seien von den Hochschulen „an entscheidenden Stellen“ nicht zu beeinflussen. So bekämen die Hochschulen etwa für jeden Studierenden im ersten Hochschulsemester Mittel zugewiesen. Für die zahlreichen Studierenden, die erst in einem späteren Semester zu einer Hochschule wechseln, bekommen sie jedoch kein Geld.

Außerdem würden die Hochschulen durch das Finanzierungssystem gezwungen, bei den Studierendenzahlen und Drittmitteln ständig „zu expandieren“. Nur über das auf diese Weise vom Staat eingeworbene Geld könnten „die Preisaufwüchse aus Inflation und Tarifvereinbarungen bei gleicher Personalstärke“ ausgeglichen werden. Damit bewegten sich die Hochschulen aber bei Ressourcen wie Flächen „mehr und mehr über die Grenzen des Möglichen“. Der TU stünden für ihre über 200 Liegenschaften nur fünf Millionen Euro zur Bauerhaltung zur Verfügung. Der „enorme Sanierungsstau steigt deshalb unvermindert weiter“, erklärt Steinbach: „Die Folge sind erhebliche Nutzungsbeeinträchtigungen“. Steinbach kritisierte auch, die Betreuungsrelation in Berlin sei „im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sehr schlecht“. Drei Studierende teilten sich zwei finanzierte Plätze.

Die Bundesmittel, die aus dem Hochschulpakt für mehr Studienplätze zwischen 2010 und 2013 fließen, werden Steinbach zufolge wegen der Unterfinanzierung der Berliner Hochschulen „direkt zur Grundfinanzierung“ verwendet. Für die Hochschulen entstünden zusätzlich Risiken, weil die Bundesfinanzierung – 100 Millionen Euro – nach 2013 zunehmend sinke und schließlich vom Land übernommen werden müsse. akü

Eigentlich wollte er Kernphysiker werden, aber dann zog ihn eine damals völlig neue Lichtquelle in ihren Bann: Der Laser. Fast 40 Jahre später bekam Theodor Hänsch 2005 für eine auf Lasern basierende Technik den Physik-Nobelpreis. Mit dem Verfahren lassen sich die ultraschnellen Schwingungen von Lichtwellen zählen. Ein Jahr danach machte er zu seinem 65. Geburtstag mit Protesten gegen seine Zwangspensionierung nochmals Furore. Am 30. Oktober wird Hänsch nun 70 Jahre alt.

Hänsch ist nicht in Ruhestand gegangen. An der Ludwig-Maximilians-Universität in München hat er über die Siemens-Stiftung einen Lehrstuhl auf Lebenszeit, und am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching bleibt er mit Unterstützung der Max-Planck-Förderstiftung noch fünf Jahre Direktor. „Danach werde ich Emeritus. Aber meine Kollegen haben mir versichert, dass ich weiter forschen darf“, sagt Hänsch.

Schon als Kind begeisterte Hänsch die Wissenschaft. Schließlich wohnte er mit Eltern und Geschwistern in der Bunsenstraße in Heidelberg, genau in dem Haus, in dem der Chemiker Robert Bunsen ein Jahrhundert zuvor gelebt hatte. Als er den Vater fragte, was Bunsen denn getan habe, brachte dieser einen Bunsenbrenner nach Hause. So hatte Hänschs allererstes Experiment bereits mit Licht zu tun: Der Vater streute Kochsalz in die Flamme, die sich sofort gelb färbte.

Licht, wenngleich von Lasern, beschäftigt Hänsch bis heute. Wann immer Zeit ist, zieht es ihn an den Labortisch. „Ich merke, dass er ab und zu verschwunden ist. Dann ist er im Labor“, sagt seine Mitarbeiterin Gabriele Gschwendtner. Hänsch gilt als exzellenter Experimentator. Manches entsteht zufällig, spielerisch. „Wenn es darum geht, Neues zu entdecken, kann man im Voraus meistens nicht genau vorhersagen, was man denn entdecken wird“, sagt Hänsch.

Auf dem Weg zu seinem Frequenzkamm, das „Lineal aus Laserlicht“ für extrem genaue Messungen, hatte Hänsch einen Laser beiläufig auf einen Wassertropfen gerichtet, der plötzlich selbst zum Laser wurde und grün strahlte. Um zu beweisen, dass letztlich jedes Material Lasermedium werden kann, kochten er und seine Kollegen tagelang Pudding. Mit Gelatine gelang das Experiment, die Forscher wurden mit ihren essbaren Wackelpudding-Laser-Varianten bekannt.

Den Blick für Forschung nahe am Menschen hat Hänsch, der sich auch mit ultrakalten Atomwolken und der Erforschung von Antiwasserstoff befasste, nie verloren. In dem Buch „100 Produkte der Zukunft“ stellte er mit anderen Forschern Ideen vor, die das Leben verbessern könnten, von kompostierbaren Windeln über Neurochips bis zu Rohrpostsystemen.

Derzeit drückt Hänsch die Frage, ob nicht die Quantenmechanik als eine Hauptsäule der modernen Physik neu gefasst werden muss. Und für nicht ausgeschlossen hält er, dass Einsteins Relativitätstheorie widerlegt werden könnte, nämlich wenn aufgrund extrem genauer Messungen mit seinem Frequenzkamm herauskäme, dass Naturkonstanten doch nicht konstant sind. „Bisher haben wir dafür keine Anhaltspunkte gefunden. Aber wir können die Messgenauigkeit noch gewaltig steigern.“

16 Jahre forschte Hänsch an der Universität Stanford in den USA. Gelockt von dem Doppelangebot der Münchner Universität und des Max-Planck-Instituts kehrte er 1986 nach Deutschland zurück - nicht ohne Wehmut. „Es war eine aufregende Zeit“, sagt er über Stanford.

„Das war eine Hochschule, in der man das Gefühl hatte: Hier wird die Zukunft der Menschheit konstruiert.“ So sei die Internetsuchmaschine Google dort von Studenten entwickelt worden. Zurück in Deutschland begnügte sich Hänsch, der keine Familie hat, nicht mit der Grundlagenforschung. Wie viele US-Kollegen gründete er eine Firma. „Menlo Systems“ in Martinsried bei München baut optische Messinstrumente auf Basis seines Frequenzkamms. Sabine Dobel (dpa)

Sabine Dobel (dpa)

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