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In den Proben von zahlreichen Kleinkindern aus Nordrhein-Westfalen konnte der Weichmacher Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP), der die Fruchtbarkeit schädigen soll, nachgewiesen werden.

© dpa/Bernd Thissen

Update

Ursprung von Weichmacher im Urin: UV-Filter von BASF unter Verdacht

Bei der Suche nach dem Ursprung des Schadstoffs DnHexP gibt es eine erste konkrete Spur. Das Bundesamt für Risikobewertung sieht vorerst keinen Grund zur Beunruhigung.

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Seit Wochen rätseln Toxikologen und Verbraucherschützer: Woher stammt der potenziell gesundheitsgefährdende Stoff DnHexP ,(Mono-n-hexyl-Phthalat), der in den Urinproben von Kindern und Erwachsenen nachgewiesen wurde? Nach Recherchen des „Hamburger Abendblatts“ gibt es nun eine erste Spur. Im Verdacht steht DHHB (Diethylamino Hydroxybenzoyl Benzoat), ein besonders wirksamer UV-Filter, der in Sonnencremes oder auch Anti-Aging-Cremes enthalten sein kann.

Entwickelt wurde das Verfahren für die Herstellung vom Chemiekonzern BASF, der seit 2003 dafür mehrere Patente hält. Laut Hamburger Abendblatt geht aus Patentschriften von 2021 und 2023 hervor, dass bei der Herstellung von DHHB unvermeidlich DnHexP als Beiprodukt entsteht und nur mit großem Aufwand entfernt werden kann. Vollständig beseitigen lasse sich der Stoff aber nicht. Für den Verdacht sprechen auch Untersuchungsergebnisse aus Baden-Würtemberg: Nur in Sonnencremes, die auch den UV-Filger DHHB enthalten, fand man auch Hexyl-Phthalat. 

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat unterdessen eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht. Darin schreibt die Behörde, dass für mehr als 95 % der betrachteten Proben die nachgewiesenen Urinwerte keinen Anlass für eine Besorgnis aus gesundheitlicher Sicht ergeben. „Das bedeutet aber auch, dass für bis zu fünf Prozent der Proben eine Besorgnis nicht ausgeschlossen wird“, kommentiert der Toxikologe Holger Koch. Er leitet ein Labor am Bochumer Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und hat den Weichmacher bei Routineuntersuchungen im Urin von Kindergartenkindern in Nordrhein-Westfalen entdeckt.

Funde im Urin von Erwachsenen und Kindern

Kürzlich hatte das Umweltbundesamt (Uba) darüber informiert, im Urin zahlreicher Menschen in Deutschland MnHexP entdeckt zu haben. Das Uba hatte ihn im Urin Erwachsener nachgewiesen, eine Behörde in Nordrhein-Westfalen in dem von Kindergartenkindern. MnHexP ist nach Uba-Angaben ein Abbauprodukt des Weichmachers DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat). Der Stoff darf laut Uba in der EU seit 2023 ohne Zulassung grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Zulassungsanträge seien nicht gestellt worden.

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MnHexP sei nach Ergebnissen von Tierversuchen ein fortpflanzungsschädigender Stoff, sagte Uba-Toxikologin Marike Kolossa vor wenigen Wochen. Er wirke vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Er könne aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen, was aus weiteren Tierversuchen hervorgehe. In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, „die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist“.

Ursache noch unbekannt, aber Hinweise

Das baden-württembergische Verbraucherschutzministerium teilte am Sonntag auf Anfrage mit, dass Fachleute aus aktuellem Anlass 57 Proben der vergangenen Jahre zu Sonnenschutzprodukten auf DnHexP untersucht hätten. In vier Proben wurden Gehalte über 10 mg/kg DnHexP aufwiesen. In etwa der Hälfte der Proben mit dem UV-Filter DHHB konnte der Weichmacher DnHexP nachgewiesen werden. Bei denjenigen Proben, bei denen DnHexP nachgewiesen wurde, konnte der UV-Filter DHHB bestimmt werden.

Vorläufige Bewertung

Das BfR kommt in seiner bereits am Samstag verbreiteten Stellungnahme zu dem Schluss, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass es durch Sonnenschutzmittel, die einen potenziell mit DnHexP verunreinigten UV-Filter enthielten, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen komme. DnHexP sei als Inhaltsstoff in kosmetischen Mitteln verboten, er könnte aber als Verunreinigung von Ausgangsstoffen in solche Produkte eingetragen werden. Unklar bleibt, ob DnHexP womöglich in Kombination mit weiteren Phthalaten in Kosmetika enthalten ist, sodass sich die Effekte addieren. Das BfR gibt an, solche möglichen Kombinationswirkungen nicht berücksichten zu können, da hierzukeine Daten verlägen.

Das BfR betonte, die vorliegende Bewertung der gesundheitlichen Risiken sei vorläufig. Es sei davon auszugehen, dass mögliche Risiken eher zu hoch als zu niedrig eingeschätzt worden seien. Eine weitere Unsicherheit bestehe darin, dass es bisher keine Grenzwerte oder Richtwerte für MnHexP oder den möglichen Ausgangsstoff DnHexP gebe. (bhe, dpa)

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