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Wissen: Studenten gegen Malaria

Marko Faber studiert Medizintechnik in Berlin und engagiert sich bei den „Ingenieuren ohne Grenzen“: beim Zisternenbau in Tansania

Die Malaria-Medikamente waren ausgegangen im Krankenhaus von Nyakahanga. Der starke Regen hatte die Pisten im Nordwesten Tansanias verschlammt, Lastwagen mit Nachschub kamen nicht mehr durch. Marko Faber erinnert sich an die leeren Regale, in denen eigentlich die lebensrettenden Arzneien stehen sollten. „In jedem Bett lagen vier kranke Kinder, dazu einige auf dem Boden und viele draußen unter einem Zeltdach.“ Immer dann, wenn im Gebäude ein Kind gestorben war, wurde ein anderes hineingebracht. „Jede halbe Stunde ist ein Kind gestorben“, berichtet der 28-Jährige über die Tage im März 2008.

Faber studiert Medizintechnik an der TU Berlin – und engagiert sich bei den „Ingenieuren ohne Grenzen (IngoG)“. Der Verein wurde 2003 gegründet und hat 800 Fördermitglieder und noch mal so viele Aktive in regionalen Gruppen. Engagieren können sich nicht nur Ingenieure, sondern Vertreter aller Fachgebiete. Finanziert wird die Arbeit durch Spenden und Sachleistungen wie Flüge, unter anderem von großen Unternehmen.

Die Berliner Regionalgruppe der Hilfsorganisation unterstützt die tansanische Initiative „Mavuno“ beim Bau von Biogasanlagen und Regenwasser-Zisternen. Mit ihnen trägt sie auch zur Bekämpfung von Malaria bei.

Mangels Grundwasser müssen viele Menschen ihr Wasser aus weit entfernten Wasserlöchern holen, oft eine Aufgabe für Kinder und Jugendliche, die dafür stundenlange Fußmärsche unternehmen und zentnerschwere Wasserbehälter mit sich schleppen. Zeit, die ihnen dann für Schule oder Arbeit fehlt. Manche Familie sammelt deshalb Regenwasser, das vom Wellblechdach des Hauses über Rinnen in eine Tonne fließt. Die häufig offenen Behälter sind jedoch beste Brutstätten für jene Mücken, die dann die Malaria übertragen. „Ich habe mein Wasser gefiltert und die Mückenlarven rausgefischt“, erzählt Marko Faber. Die Nähe der Tanks zum Wohnhaus erhöht das Infektionsrisiko zusätzlich. Hinzu kommen Probleme für die Wasserhygiene: Tierkadaver, Blätter und anderes organisches Material können das Wasser verunreinigen, daraus trinkende Tiere können Krankheitserreger einbringen.

Hier setzt die Arbeit der „Ingenieure ohne Grenzen“ an: Sie helfen den Menschen bei der Planung, beim Bau und der Wartung der Zisternen. Deren Überdachung soll die Verschmutzung des Wassers verhindern.

Inzwischen ist der Zisternenbau beinahe ein Selbstläufer: Emanuel Andrew heißt der örtliche Supervisor, der das Handwerk des Zisternenbaus in den ersten Jahren des Projekts von den Ingenieuren und Studenten aus Deutschland und Arbeitern aus Kenia gelernt hatte. Er leitet nun andere beim Bau an und kann den Familien auch im Umgang mit den Behältern helfen. Denn völlig wartungsfrei funktionieren die Tanks nicht, und auch für die Ingenieure ohne Grenzen gibt es neue Herausforderungen. Oft verende in der Trockenzeit ein Gecko auf dem Dach und werde mit dem ersten Regenguss in den Wasservorrat gespült, erklärt Fabers Kollege Andreas Raab, angehender Wirtschaftsingenieur mit Fachrichtung Maschinenbau. Auch für dieses Problem haben sich die Berliner etwas einfallen lassen: ein Fass mit schwenkbarem Rohr. Dort hinein fließt der schmutzige erste Schwall. Ab einem bestimmten Füllgrad schlägt das Rohr um – und das vergleichsweise saubere Wasser läuft in die Zisterne. Trinkwasser? Nein, wehrt Faber ab, den Begriff lässt er allenfalls als Zielvorgabe gelten. Obwohl das Wasser sauber aussieht, empfehlen die Ingenieure, es abzukochen. Dabei helfen in immer mehr Haushalten auch die von Biogasanlagen gespeisten Kochstellen, ebenfalls eine Idee der Ingenieure. Die Zersetzung der ohnehin reichlich vorhandenen Bananenstauden-Abfälle sorgt für ausreichend Energie zum Kochen. Zwar waren schon vor Jahren Biogasanlagen aus Deutschland geliefert worden. Doch weil die auf Kuhdung ausgelegt sind, konnten die Menschen wenig damit anfangen. Zu gering sind die vorhandenen Mengen, und zu groß ist der Aufwand.

Die Bananenstauden-Anlage ist im Rahmen einer Diplomarbeit konstruiert und getestet worden. Und an der Qualität des Zisternenwassers wird auch laufend gearbeitet: Um den Zustand überhaupt festzustellen, prüfen es die deutschen Helfer regelmäßig und vermitteln den Anwohnern die Messverfahren. „Quantität ist einfach, große Wassermengen bekommt man relativ leicht hin“, sagt Faber. Schwieriger sei es, auch gute Qualität zu liefern.

Eine interessante Aufgabe, denkt sich auch mancher Student gegen Ende des Semesters. „Dann bekommen wir häufig Anfragen. Nach dem Motto: ,Ich hätte in den Ferien noch nichts vor’“, berichtet „IngoG“-Sprecher Volker Eiselein. Doch so sehr sich die Helfer über Unterstützung freuen: So einfach geht es nicht. Die meisten, die eine Reise nach Afrika antreten, wirken schon mehrere Semester mit und bereiten das jeweilige Projekt selbstständig vor. Außerdem muss jeder, der eine Projektreise unternimmt, vorher an einem Lehrgang teilgenommen haben. Wer schließlich nach Tansania reist, muss seine Lebensweise ändern: Zwar gibt es regelmäßig Strom in dem Haus, in dem die Helfer untergebracht sind. Aber auf fließend Wasser müssen die Teilnehmer verzichten: Sechs bis acht Liter stehen jedem pro Tag zur Verfügung – so viel, wie hierzulande manche Toilettenspülung verbraucht. „Zum Duschen habe ich mich in einen Topf gestellt und ein paar Tassen Wasser über mich geschüttet“, sagt Faber. Allerdings versorgt „Mama Kennedy“ die Helfer herzlich mit Essen.

Marko Faber macht sich nichts vor: Während der Malaria-Wellen sterben in Tansania nach wie vor tausende Kinder. Aber er weiß, dass es den Familien, denen er beim Zisternenbau geholfen hat, jetzt besser geht: „Es gibt weniger Durchfallerkrankungen und weniger Malaria-Fälle. Und die Menschen haben einen enormen Zeitgewinn.“ Günter Bartsch

Mehr im Internet unter:

www.ingog.de

Günter Bartsch

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