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Kreatives Chaos. Marie Katharina Fischer (links) und Leonie Falke in ihrem Atelier. Sie gestalten die Kostüme für die Oper „Wenn zwei sich streiten ...“.

© Johannes Bock

Talente hinter der Bühne: Von Puppen und Perücken

Wie Kostümbildnerinnen an der UdK Berlin eine große Opernproduktion auf die Bühne bringen.

In der Gewandmeisterei der UdK Berlin an einem sonnigen Tag im Mai: Dorothea Gerber probiert gerade einen weit ausladenden schwarz-weißen Reifrock an. „Ein toller Stoff“, sagt die Gesangsstudentin begeistert und dreht sich vor dem Spiegel, um einen besseren Eindruck zu bekommen. Sie spielt das Kammermädchen Livietta in der Oper „Wenn zwei sich streiten…“ von Giuseppe Sarti, die Anfang Juli an der UdK Berlin Premiere hatte. Mit Leonie Falke und Marie Katharina Fischer ist Dorothea an diesem Tag zur Anprobe verabredet. Die beiden studieren im Masterstudiengang Kostümbild und haben für die Opernproduktion die Kostüme entworfen, die in der Gewandmeisterei angefertigt werden.

„Viele glauben, dass wir Kostümbildner die Kleidungsstücke alle selbst herstellen“, berichtet Marie. „Das stimmt meistens aber nicht.“ Die handwerkliche Ausbildung gehört zwar auch zum Studium, aber genau wie im späteren Berufsleben an Theatern, Opernhäusern oder bei Filmproduktionen arbeiten die Studierenden für die Fertigung der Kleidungsstücke mit den Schneidern der Gewandmeisterei zusammen. Für Florence von Gerkan, die Leiterin des Studiengangs, ist dies ein großer Vorteil des Studiums an der UdK Berlin: „Wir haben voll ausgestattete Werkstätten und ein professionelles Theater mit Licht, Bühnentechnik und Sound. Das gibt es in dieser Form nicht oft an einer Hochschule.“

Geht man von der Gewandmeisterei den Gang einige Meter hinunter, kommt man in das Atelier von Marie und Leonie. Dort hängen Skizzen an den Wänden, es stapeln sich Stoffreste, Knöpfe und Perücken auf den Tischen, Schneiderpuppen und reich behängte Kleiderständer stehen in den Ecken. An der Wand hängt eine Zeitleiste mit Modefotografien, Zeichnungen und Beschreibungen der gesellschaftlichen Strömungen der letzten 250 Jahre. „Wir machen mit den Kostümen eine Zeitreise vom Rokoko bis heute“, erläutert Leonie.

Ein halbes Jahr Arbeit von der Idee bis zur Premiere

Alle Darsteller tragen ein schwarzes Grundkostüm und dazu einzelne Kleidungsstücke aus dem Rokoko, der Gründerzeit und den 1920er Jahren. Das Konzept haben sie mit dem Regisseur Frank Hilbrich gemeinsam entwickelt. „Wir alle arbeiten sehr eng zusammen“, sagt Marie. „Mit dem Regisseur, dem Bühnenbildner, unserer Maskenbildnerin, der Gewandmeisterei und natürlich den Sängerinnen und Sängern selbst.“ Spätestens jetzt wird klar, wie wichtig Teamwork in diesem Beruf ist. „Die Studierenden lernen bei uns, dass sie als Teil des Regieteams für das Gesamtkonzept einer Inszenierung mitverantwortlich sind“, sagt Florence von Gerkan, „denn die künstlerischen Arbeiten der Kostümbildner entstehen auch aus diesem Kollektiv heraus.“

Improvisationstalent ist ebenso gefragt: „Man überlegt sich oft vorher, wie etwas wirken soll und was beim Zuschauer ankommen soll – aber dann kommen die Proben und man muss einiges wieder loslassen. Dafür inspiriert uns die Arbeit mit den Darstellern aber auch immer wieder neu“, sagt Leonie. Ein halbes Jahr lang arbeiten die beiden Kostümbildnerinnen von den ersten Ideen bis zur Premiere. Marie blickt noch einmal auf die Zeichnungen an der Wand und sagt lächelnd: „Eigentlich ist es verrückt, man arbeitet so lange für nur vier Aufführungen. Aber die Euphorie, die entsteht, wenn dann die ersten Proben in Originalkostümen stattfinden, die ist durch nichts zu ersetzen.“

Wie es ist, selbst auf der Bühne zu stehen, probieren die Kostümbildner dieses Jahr beim Rundgang der UdK Berlin aus. Innerhalb einer Woche entwickeln sie kurze Stücke, die sie als öffentliche Probe präsentieren. Eine gute Gelegenheit, das Zusammenspiel von Körper, Kostüm und Raum zu untersuchen und „mit dem Bühnenraum denken zu lernen“, wie Florence von Gerkan es ausdrückt.

Im UNI.T, dem Theater der UdK Berlin, zeigt der Studiengang Kostümbild MODEKÖRPER II – PARADE DER MÄNNER (Samstag, 15-19 Uhr).

Lorna Lüers

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