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Umweltschutz: Frischluft für Flugzeuge und fürs Klima

Zentraler Nachschub ist umweltfreundlich

Zur weltweiten Belastung mit dem klimaschädlichen Kohlendioxid trägt der Flugverkehr derzeit etwa zwei Prozent bei. Dabei entsteht ein nicht unerheblicher Teil der Flugzeugemissionen am Boden. Rund 1,6 Millionen Tonnen Kerosin werden allein in Europa jährlich von parkenden Flugzeugen verbrannt, sagt der Schweizer Experte Ulrich Gautschi.

Die Elektrizität und das Klima an Bord liefern die Triebwerke, die auch Generatoren antreiben und über ein Filtersystem Luft in die Kabine pumpen. Doch auch wenn die Jets auf den Flughäfen stehen, benötigen sie Strom für die Bordsysteme sowie zum Starten der Triebwerke. Im Sommer und im Winter muss zudem die Kabine gekühlt oder beheizt werden, damit die Passagiere beim Einstieg erträgliche Temperaturen vorfinden.

Zu diesem Zweck haben die Flugzeuge im Heck jeweils ein kleines Hilfstriebwerk. Auch diese als APU (Auxiliary Power Unit) bezeichneten Aggregate fressen Sprit – je nach Flugzeuggröße zwischen 100 und 550 Liter Kerosin pro Stunde. Zudem erzeugen sie Abgase und Lärm. Die an allen Flughäfen vorhandenen mobilen Dieselgeneratoren (Ground Power Unit, GPU) machen im Hinblick auf den Umweltschutz ähnliche Probleme. Deshalb gibt es an den meisten Airports heute stationäre Bodenstromanlagen mit Anschlüssen an den einzelnen Abstellpositionen. Sie liefern aber nur Elektrizität. Für Kühlung oder Heizung ist weiter APU-Betrieb erforderlich.

Doch es geht auch anders, wie Gautschi weiß. Als Mitarbeiter der Swissair hat er bereits Mitte der 80er Jahre an den Flughäfen Zürich und Genf ein ganzheitliches System zur Energieversorgung parkender Flugzeuge aufgebaut, das heute weltweit als beispielhaft gilt. Es beliefert die Maschinen aus zentraler Quelle nicht nur mit Strom, sondern über dicke gelbe Schläuche auch mit klimatisierter Luft.

54 Dockpositionen sind in Zürich mit dem Ground Power Support System (GPSS) ausgestattet. „Die Piloten sind zur Nutzung verpflichtet“, sagt Emanuel Fleuti, Leiter Umweltschutz der Flughafen-Betreibergesellschaft Unique. Die Nutzungsgebühren sind günstiger als der APU- oder GPU-Betrieb. „Durch die konsequente Anwendung hier und in Genf konnten Kerosinverbrauch und Abgasentwicklung um jeweils etwa 70 Prozent reduziert werden“, erklärt Gautschi.

An beiden Flughäfen zusammen werden so nach seinen Berechnungen derzeit rund 21 000 Tonnen Treibstoff weniger verbrannt, was die Umwelt von etwa 65 000 Tonnen CO2 und 160 Tonnen Stickoxiden entlastet. Inzwischen hat auch der Brüsseler Flughafen solche Anlagen installiert, das neue Terminal 5 des Airports London-Heathrow wird ebenfalls damit ausgestattet.

Rühmliche Einzelfälle, denn bisher mangelt es an gesetzlichen Vorgaben. Und die hohen Investitionskosten von etwa 350 000 bis 500 000 Euro pro Standplatz schrecken viele Flughafenbetreiber ab. Durch eine europaweite Anwendung würden pro Jahr etwa fünf Millionen Tonnen weniger CO2 in die Luft geblasen, wie Gautschi, Leiter der Consultingfirma Swiss Ressource, berechnet hat. Allein an den deutschen Flughäfen ließen sich die CO2-Emissionen durch die zusätzliche Klimakomponente und die konsequente Anwendung der Systeme um rund 550 000 Tonnen reduzieren.

Der Flughafen Hamburg hat sich bereits Anfang der 90er Jahre für GPSS an den 17 Pierpositionen entschieden. Die Benutzerordnung verpflichtet die Fluggesellschaften, das System in Anspruch zu nehmen. So werde in der Hansestadt jährlich die Entstehung von etwa 9200 Tonnen CO2 verhindert, sagt Airport-Sprecherin Tanja Bösche. Auch die Lärmbelastung der Flughafenanlieger ging deutlich zurück. Auf den Flughäfen in Frankfurt und München gibt es dagegen nur eine zentrale Stromversorgung. Die Kosten sind in den pauschalen Abfertigungsgebühren enthalten. In Berlin haben alle Fluggastbrücken sowie 24 Außenpositionen in Tegel auch nur reine Stromanschlüsse. Für den neuen Airport BBI in Schönefeld, der Ende 2011 in Betrieb gehen soll, ist aber über eine Installation von GPSS-Anlagen noch nicht entschieden worden. Rainer W. During

Rainer W. During

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