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Universität: „Studiengebühren in Hessen verstoßen gegen Verfassung“

Ab Herbst sollen Studenten 500 Euro im Semester zahlen. Die Landesanwältin am hessischen Staatsgerichtshof, Ute Sacksofsky, fordert, das Studiengebührengesetz für nichtig zu erklären.

Die Studiengebühren in Hessen verstoßen gegen die Landesverfassung und dürfen unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht eingeführt werden – zu diesem Urteil kommt die Landesanwältin am hessischen Staatsgerichtshof, Ute Sacksofsky. Das Studiengebührengesetz müsse für nichtig erklärt werden, schreibt Sacksofsky in einem Gutachten, das gestern veröffentlicht wurde. Gebühren dürften in Hessen nur dann eingeführt werden, wenn „wirtschaftlich Schwache von der Zahlung freigestellt würden“. Sacksofsky, die Jura an der Uni Frankfurt am Main lehrt, ist als Landesanwältin eine Art Staatsanwältin für Verfassungsfragen in Hessen. In dem Land sollen Studierende ab dem Herbst Gebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester zahlen.

Um die Verfassungsmäßigkeit der Gebühren tobt in Hessen seit langem ein heftiger Streit: Anders als in den anderen Ländern schreibt dort ein Paragraf der Verfassung vor, dass an allen öffentlichen Schulen – und damit auch Hochschulen – „unentgeltlicher“ Unterricht möglich sein müsse. Der Passus des Artikels 59 ist allerdings nicht eindeutig formuliert: Weiter heißt es ,ein „angemessenes“ Schulgeld sei denkbar, wenn der Schüler oder seine Eltern dazu wirtschaftlich in der Lage sind. Daraus hatten Juristen und das hessische Wissenschaftsministerium gefolgert, dass mit einem Darlehensprogramm für bedürftige Studierende Gebühren durchaus eingeführt werden könnten. Sacksofsky argumentiert jetzt, dass der vorgesehene Gebührenkredit nicht ausreicht. So hätte die letzte Sozialerhebung zur wirtschaftlichen Lage der Studierenden ergeben, dass ein Viertel der Befragten kein Bafög bezieht, weil es keine Schulden machen will. „Dies kann ein Indiz dafür sein, dass ,Schuldenangst‘ ein nicht außer Acht zu lassender Gesichtspunkt der Bildungsplanung darstellt“, folgert Sacksofsky – von sozialer Abfederung könne bei dem Darlehensprogramm also nur bedingt die Rede sein.

Falls Hessen Gebühren einführen wolle, müsse es die Verfassung ändern, urteilt Sacksofsky. Der Staatsgerichtshof prüft derzeit in einer Normenkontrollklage, ob die Gebühren verfassungsmäßig sind. Eine Entscheidung steht aus. (tiw)

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