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Die Generationenzugehörigkeit spielt beim Ehrenamt kaum eine Rolle – Einkommen und Bildungsstand sehr wohl.

© Zoran Zeremski - stock.adobe.com

Von wegen Generationenkonflikt: Engagement ist keine Altersfrage

Eine neue Studie von Berliner Wissenschaftlern zeigt auf, welche Faktoren sich auf die Motivation für ehrenamtliches Engagement auswirken – und wie sie sich im Lauf der Zeit ändern.

Einerseits spricht man über die angeblich faulste Generation aller Zeiten. Andererseits gibt es junge Menschen, die sich für Klima und Gerechtigkeit engagieren. Unterschiedliche Generationen werden oft unterschiedlich wahrgenommen, was die Gesellschaft oft vor viele Fragen stellt. Mit einer davon hat sich ein Team aus Berliner Wissenschaftler:innen befasst. Sie haben untersucht, wie sich die Bereitschaft für soziales Engagement verändert hat.

Die Studie konnte keine nennenswerten Unterschiede im Ehrenamt zwischen den einzelnen Generationen nachweisen und stellt damit das gängige Verständnis von Kohorteneffekten infrage. Das ist die Idee, dass bestimmte Generationen von Menschen ähnliche Werte teilen, die auch ihre Motivation beeinflussen, sich zu engagieren.

Die Forschenden konnten hierfür keine stichhaltigen Belege finden. Dabei wurde in bisherigen Studien stets davon ausgegangen, dass die Generationenfrage eine entscheidende Rolle spielt.

20-30
Prozent jeder Alterskohorte üben ein Ehrenamt aus

Jannes Jacobsen, Leiter der Studie und stellvertretender wissenschaftlicher Geschäftsführer des Cluster „Daten-Methoden-Monitoring“ am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), sieht die aktuell immer stärker aufkommende Differenzierung in verschiedene Generationen kritisch. „Wir müssen uns fragen, ob das Anwenden solcher Kategorisierungen in der Sozialwissenschaft überhaupt sinnvoll ist, wenn wir soziale Phänomene erklären wollen“, so Jacobsen.

Krisen nehmen Einfluss

Während die Generationenzugehörigkeit – also ob jemand etwa zu den Babyboomern oder zur Generation Z gehört – kaum ins Gewicht fällt, haben Krisen und äußere Schocks wie die Corona-Pandemie einen positiven Einfluss auf ehrenamtliches Engagement. Auch Faktoren wie Einkommen und Bildung sind laut den Forschungsergebnissen wichtig. Individuelle Lebensumstände und unvorhergesehene Ereignisse entscheiden hier also.

Das Ehrenamt spielt eine wichtige Ergänzung zum Sozialstaat.

Jannes Jacobsen, stellvertretender wissenschaftlicher Leiter des Cluster „Daten-Methoden-Monitoring“ am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM)

Auch der Unterschied zwischen den Geschlechtern hat sich laut der Studie deutlich verringert. „Das kann man zum einen darauf zurückführen, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt gegangen sind“, sagt Jacobsen. Dieser habe eine wichtige Netzwerkfunktion für ehrenamtliche Arbeit. „Zum anderen lösen sich Frauen immer weiter von informeller Care-Arbeit, wodurch mehr Zeit für ehrenamtliches Engagement bleibt“, erklärt Jacobsen.

Für die Studie wurde das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) herangezogen, das Daten über 30 Jahre ehrenamtlichen Engagements – von 1984 bis 2016 – beinhaltet. Die Befragten wurden von den Forschenden in acht verschiedene Kohorten eingeteilt. Insgesamt ist das ehrenamtliche Engagement in Deutschland über die Zeit stabil geblieben.

Laut Jacobsen liegt es zwischen 20 und 30 Prozent. „Das Ehrenamt spielt eine wichtige Ergänzung zum Sozialstaat“, sagt der Forscher. Denn: Ehrenamtliche Arbeit könne etwa in Krisen wie bei der Ankunft von Geflüchteten schnell einspringen.

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