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Brücke ins Nichts: In Ladenburg führt eine Brücke über ein ehemaliges Gleisbett, das zu einem Industriegebiet führt.

© dpa

So verschwendet der Staat Geld: Sprechende Würste, unnütze Brücken, Coronahilfen ohne Kontrolle

In seinem neuen Schwarzbuch prangert der Bund der Steuerzahler öffentliche Misswirtschaft an - auch in Berlin.

Manchmal erinnert Politik an Lyrik. Wenn der Bund der Steuerzahler einmal im Jahr sein Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung vorlegt, lesen sich viele der Beispiele wie das Bumerang-Gedicht von Joachim Ringelnatz. „War einmal ein Bumerang“, heißt es darin, „war ein weniges zu lang. Bumerang flog ein Stück, aber kam nicht mehr zurück. Publikum – noch stundenlang – wartete auf Bumerang.“

Zu groß, zu lang, zu teuer oder komplett unnötig, das trifft auch auf viele der 100 Fälle zu, die Steuerzahlerbund-Präsident Reiner Holznagel am Dienstag anprangerte. Im hessischen Eschborn wurde etwa für 680.000 Euro ein neues Feuerwehrauto angeschafft, das leider eine Tonne zu schwer war und deshalb niemals zum Einsatz kam. Die Stadt gab es zurück – für 440.000 Euro.

Kohleausstieg: Die Versorger wären von selbst aus der Braunkohle ausgestiegen, glaubt der Bund der Steuerzahler.
Kohleausstieg: Die Versorger wären von selbst aus der Braunkohle ausgestiegen, glaubt der Bund der Steuerzahler.

© Patrick Pleul/dpa/ZB

Flop: Brücke ins Nichts

In Ladenburg in Baden-Württemberg wurde eine neue Brücke gebaut, die jetzt über eine Industriebrache führt. In Parchim wollte die Stadt Geld mit Luxuswasser verdienen, das 20 Euro pro Flasche kosten sollte. Am Ende sprudelten nur die Verluste. Kosten in Millionenhöhe verschlingt auch das Grand Hotel auf dem Petersberg bei Bonn, das dem Bund gehört. Oder die Regionalflughäfen. 100 Millionen Euro Miese seien im Jahr 2018 zusammengekommen, die neuen Corona-Verluste noch gar nicht eingerechnet. Solche Fälle, sagt Holznagel, seien aber nur die „Spitze des Eisbergs“.

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Wie viel Geld die öffentliche Hand aus dem Fenster wirft, kann der Steuerzahlerbund nicht sagen. Aber „jeder Euro, der verschwendet wird, ist einer zu viel“, kritisiert Holznagel. Eine Million Euro hat etwa Nordrhein-Westfalen für einen Werbespot ausgegeben, in dem eine vegane Currywurst die Zuschauer in eine Pommesbude lotst. Das Geld hätte man besser in die Schulen stecken sollen, findet der Steuerzahlerbund.

Flop: Energieautarke Disco

Auch die mobile Disco „Dance Cube“ hält man für einen Flop. Mit der Disco wollte die Bundesregierung für Energie-Effizienz werben. Die Disco sollte allein mit den Tanzbewegungen der Besucher und somit energieautark betrieben werden. Doch der so gewonnene Strom war minimal, dafür waren die Kosten von 1,8 Millionen Euro nicht gerade sparsam.

"Jeder verschwendete Euro ist einer zu viel", sagt Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt).
"Jeder verschwendete Euro ist einer zu viel", sagt Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt).

© picture alliance / dpa

Auch der Kohleausstieg, meint Holznagel, zieht den Steuerzahlern unnötig Geld aus der Tasche. Statt den Ausstieg aus der Braunkohle mit Milliarden zu subventionieren, hätte die Politik einfach abwarten müssen. Durch den CO2-Preis wäre die Kohleverstromung für die Versorger ohnehin wirtschaftlich unsinnig geworden.

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Flop: Berliner Corona-Soforthilfe ohne Kontrollen

Vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie müsse der Staat sorgfältiger mit dem Geld der Bürger umgehen, mahnt der Steuerzahlerbund. „Die Schuldenuhr läuft derzeit so schnell wie nie“. warnt Holznagel. Zwar müsse der Staat Unternehmen helfen, aber das dürfe nicht blind geschehen. Explizit prangert der Steuerzahlerbund die Vergabe der Soforthilfen für Solo-Selbstständige in Berlin an. Die Auszahlung der Mittel hätte besser kontrolliert werden müssen, um Missbrauch zu vermeiden.

Kein Einstieg ohne Ausstieg

Auch den Einstieg des Staats bei der Lufthansa sowie die Milliardenhilfe für den Reisekonzern Tui sieht der Verband kritisch. „Was uns eindeutig fehlt, sind Ausstiegsszenarien“, sagt Holznagel. Wohin das führe, könne man an der Commerzbank sehen, an der der Staat noch heute beteiligt ist. „Der Kurs hat sich seitdem um 80 Prozent reduziert“, kritisiert Holznagel.

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