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Berlin: 16-Jähriger steuerte S-Bahn: Zugführer fristlos entlassen

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Mitarbeiter und den Jugendlichen. Kennen gelernt hatten sich die beiden im Verein „Historische S-Bahn“

Der 16-jährige Schüler, der in der Nacht zu Sonntag um 23.30 Uhr mit einer Eisenbahneruniform im Cockpit einer S-Bahn erwischt wurde, fuhr nach Informationen des Tagesspiegels wesentlich länger im Führerstand des Zuges mit, als offiziell angegeben wurde – möglicherweise mehrere Stunden.

Die S-Bahn teilte gestern mit, dass der 25-Jährige fristlos entlassen wurde – nach vier Berufsjahren. „Wer Fahrgäste und Mitarbeiter in Gefahr bringt, ist für den Beruf absolut nicht geeignet“, sagte S-Bahn-Geschäftsführer Walter Schumacher. Alle Zugführer sollen erneut belehrt werden, keine Fremden in den Führerstand zu lassen. Zudem werden die Kontrollen verschärft.

Kennen gelernt haben sich die beiden im Verein „Historische S-Bahn“. Dieser Verein mit 300 Mitgliedern restauriert alte Züge. „Bei uns lernt man nicht, eine S-Bahn zu steuern“, sagte ein Vereinsmitglied. Der 16-Jährige ist dort seit einiger Zeit aktives Mitglied. Wenn der Verein Sonderfahrten mit historischen Zügen veranstaltet, würden diese immer von Angestellten der S-Bahn gesteuert, hieß es. Als aktives Mitglied habe der Schüler jährlich jedoch eine „Große Einweisung“ erhalten. Das ist ein Unterricht über Sicherheitsbestimmungen und Verhaltensregeln – der Junge wusste also, wie man sich bei der Bahn benimmt, um nicht aufzufallen. Woher der Schüler die echte S-Bahner-Uniform hatte, blieb unklar. „Wenn einer unserer Mitarbeiter dem Jungen die Dienstkleidung besorgt hat, bekommt auch er Ärger“, sagte S-Bahn-Sprecher Ingo Priegnitz.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ingmar S. und den 16-jährigen Schüler – wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr.Tatsächlich ist der entscheidende Anruf bei der Polizei schon „kurz vor 23 Uhr“ eingegangen – und zwar von einem Bekannten des Zugführers Ingmar S. Der 25-jährige S-Bahner soll am Telefon berichtet haben, dass er einen Betriebsfremden im Führerstand mit habe. Da dies verboten ist, rief der Mann – ebenfalls Eisenbahner – die Polizei. Unklar ist, wie lange der Neuköllner Junge zum Zeitpunkt des Telefonats schon im Führerstand – oder sogar am Steuer – saß. Der Bundesgrenzschutz hatte am Sonntag mitgeteilt, dass eine „aufmerksame Bahnsteigaufsicht“ den Jugendlichen am Steuer gesehen hatte. Das sei falsch gewesen, wurde gestern auf Anfrage eingeräumt.

Als der BGS am Bahnhof Westkreuz einschritt, saß Ingmar S. wieder am Steuer des mit Dutzenden Fahrgästen besetzten Zuges. Er gestand jedoch, den 16-Jährigen ans Steuer gelassen zu haben, bei seinen Angaben verstrickte er sich jedoch in Widersprüche. Die S-Bahn teilte offiziell mit, dass der Schüler den Zug „von Papestraße bis Westkreuz gesteuert hat“ – also 14 Minuten. Dass der Junge mindestens 45 Minuten mitgefahren sein muss, sagte die Bahn nicht. Der Schüler schwieg bei der Vernehmung.

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