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Die Ausstellung „Ocean Dwellers in den Nordischen Botschaften Berlin. Es wird Kunst zum Thema Meer gezeigt.

© Mike Wolff

20 Jahre Nordische Botschaften in Berlin: Ausstellung setzt sich mit Folgen des steigenden Meeresspiegels auseinander

Die Vertretungen der nordischen Länder feiern Jubiläum und zeigen die Ausstellung „Ocean Dwellers“. Die beschäftigt sich mit Veränderungen des Ökosystems.

Kaum haben die Aktivisten von Extinction Rebellion Berlin wieder dem Alltag überlassen, bringt eine Ausstellung das Thema Klimawandel auf ganz andere Weise in die Stadt: Unter dem Titel „Ocean Dwellers“ zeigen die Nordischen Botschaften Zukunftsszenarien, die sich mit der aktuellen Bedeutung des Meeres und des Wassers für den Menschen beschäftigen. Im Fokus der nordischen Gegenwartskünstler stehen dabei die Folgen steigender Meeresspiegel. Neben Bildern werden auch Videos sowie immersive Sound-, Geruchs- und Virtual-Reality(VR)-Installationen gezeigt.

Die Ausstellung eröffnet am heutigen Donnerstagabend und ist dann bis zum 30. Januar im „Felleshus“ zu sehen, dem Gemeinschaftshaus der Botschaften von Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden. Anlass ist der 20. Jahrestag der Nordischen Botschaften in Berlin. Das Thema Ozean wurde von der Isländischen Auslandsvertretung vorgeschlagen. Die enge Zusammenarbeit der Nordischen Botschaften hat in Berlin Tradition. Die fünf Länder hatten die deutsche Wiedervereinigung und den Umzug von Bonn nach Berlin zum Anlass genommen, ihren engen Beziehungen auch räumlich Ausdruck zu verleihen: 1999 eröffneten sie unter dem Motto „Jeder für sich und doch gemeinsam“ ihren Gebäudeverbund. Die Häuser und das öffentlich zugängliche Gemeinschaftshaus sind durch eine gewundene Kupferfassade miteinander verbunden. Zwischen den Landesbotschaften symbolisieren Wasserflächen die umliegenden Meere.

Die Kuratorin Solvej Helweg Ovesen setzt auf moderne Technik.
Die Kuratorin Solvej Helweg Ovesen setzt auf moderne Technik.

© Mike Wolff

Die Ausstellung zeigt, dass diese symbolischen Wasserflächen verändert werden müssten, sobald das Eis auf der Arktis geschmolzen ist. „Zukunftskartographie“, eine Arbeit der isländischen Künstlerin Rúrí, hat den möglichen zukünftigen Verlauf von Küstenlinien aus einem Nasa-Datensatz berechnet. Auf riesige Karten gedruckt hängen jetzt völlig veränderte Küstenverläufe in den Ausstellungsräumen der Botschaften.

„Dänemark – das Land, aus dem ich komme – könnte in Zukunft unter Wasser liegen. Und Berlin auch“, sagt Kuratorin Solvej Helweg Ovesen, die zuvor unter anderem Ausstellungen für die Galerie Wedding sowie die Kunsthalle Friedericianum, Kuratorenwerkstatt, in Kassel kuratierte. Auch mögliche Veränderungen am Sueskanal in Ägypten und in Bangladesch zeigen Rúrís Karten. Der Ausstellung gelingt es, Veränderungen des Meeresspiegels als globales Problem zu betrachten, ohne den Blick für das Lokale zu verlieren. So erforscht eine Fotoserie die Mineralienproduktion in Island, eine Videoarbeit projiziert das Turku-Archipel im Süden Finnlands in teils triste, teils optimistische Zukünfte.

Kuratorin Solvej Helweg Ovesen hat in ihrer Ausstellung klassische Kunstformate mit moderner Technik verknüpft.
Kuratorin Solvej Helweg Ovesen hat in ihrer Ausstellung klassische Kunstformate mit moderner Technik verknüpft.

© Mike Wolff

Statt in fast schon gewohnter Manier hauptsächlich Szenarien des Schreckens abzubilden, nehmen viele der in „Ocean Dwellers“ gezeigten Werke die Veränderungen des Klimas und der Ökosysteme als Ausgangspunkte für kreative Entwürfe möglicher Welten. Für Kuratorin Ovesen spielt dafür das Wasser eine zentrale Rolle: „In Zukunft werden Menschen immer mehr mit dem Wasser zu tun haben.“

Noch bis zum 30. Januar 2020 ist die Ausstellung in den Nordischen Botschaften zu sehen.
Noch bis zum 30. Januar 2020 ist die Ausstellung in den Nordischen Botschaften zu sehen.

© Mike Wolff

Doch nicht alle Künstler gehen bei ihren Zukunftsentwürfen von Klimaveränderungen aus. Die wohl interessanteste Arbeit der Ausstellung, „A Body of Data“ des Dänen Jacob Remin, überträgt eine finnische Sauna in einen virtuellen Raum. In dieser virtuellen Realität existieren Körper nur noch als Ansammlungen von Wassermolekülen. Mithilfe einer VR-Brille erfährt der Zuschauer hier eine Zukunftsvision ganz konkret: Er findet sich in einen unendlichen schwarzen Raum hineinversetzt, in dem Maschinencode und Saunabesucher selbstverständlich koexistieren und in dem Körper andere Körper durchschreiten können.

Die Ausstellung arbeitet mit Virtual Reality.
Die Ausstellung arbeitet mit Virtual Reality.

© Mike Wolff

Die in „Ocean Dwellers“ gezeigten Entwürfe stellen auch die Frage, wie sich der Mensch angesichts anstehender Veränderungen selbst neu denken kann. Diese Entwürfe können klimatischer oder auch, wie in Remins Installation, technischer Natur sein. So steht im Zentrum der Ausstellung das Experimentieren auf der Suche nach möglichen Zukünften. Dabei wird das „Felleshus“ im wahrsten Sinne zum Leben erweckt: Auf der Terrasse steht ein Gewächshaus, in dem Algen herangezüchtet werden. Und wer nicht erkältet ist, kann sogar die Ostsee riechen, deren olfaktorische Essenzen die norwegische Künstlerin und Geruchsarchivarin Sissel Tolaas konserviert und für „Ocean Dwellers“ ausgewählt hat. Über Geruchsverstärkungssysteme, die sich in kleinen schwarzen Behältern befinden, verbreiten sich die Gerüche in der Ausstellung.

Ausstellungseröffnung am 17. Oktober von 16 bis 21 Uhr mit Lesung und Künstlergespräch, um Anmeldung über die Website der Nordischen Botschaften, www.nordischebotschaften.org, wird gebeten. Danach ist die Ausstellung bis zum 30. Januar 2020 zu sehen, Mo–Fr 10–19 Uhr, Sa–So 11–16 Uhr, Rauchstraße 1, Tiergarten.

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