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Berlin: 33-jähriger Hochstapler prellte Hotels und Gläubiger

Es war nicht der Luxus, es war die Diskretion, die den 33-Jährigen in die Vier-Sterne-Hotels in Berlin und Potsdam zog. Denn im "Esplanade", "Cecilienhof" oder auf dem Hotelschiff "Viktoria" überließ man dem selbstsicheren Herrn in Anzug und Krawatte kommentarlos ein Zimmer - auch ohne Vorkasse.

Es war nicht der Luxus, es war die Diskretion, die den 33-Jährigen in die Vier-Sterne-Hotels in Berlin und Potsdam zog. Denn im "Esplanade", "Cecilienhof" oder auf dem Hotelschiff "Viktoria" überließ man dem selbstsicheren Herrn in Anzug und Krawatte kommentarlos ein Zimmer - auch ohne Vorkasse. "Da hat niemand gefragt", sagt Jens L. im Moabiter Kriminalgericht. "Das war einfach das Auftreten."

Jens L. ist in seinem Leben schon in unzählige Rollen geschlüpft. Zuweilen trat er als Mediziner auf, manchmal als Diplomat, am liebsten allerdings als Angehöriger des Hochadels. "Freiherr von Stauffen", nannte er sich dann. "Freiherr von Richthofen" oder "Freiherr von Stauffen zu Hohenzollern". In nur einem Jahr brachte es der geständige Hochstapler auf 44 Fälle von Betrug, Urkundenfälschung und Diebstahl. Seit gestern sitzt der Mann aus Leipzig auf der Anklagebank.

Erster Punkt der seitenlangen Anklage: Am 12. März 1997 schlich Jens L. durch die Charité, bis er den verlassenen Umkleideraum fand. Er brach den Schrank von Doktor Robert S. auf und ließ dessen Brieftasche mitgehen. Ein anderes Mal wurde der 33-Jährige auf einer Diebestour in der Umkleidekabine des Tennisclubs Rot-Weiß fündig, dann in einem unverschlossenen Schminkraum der Deutschen Oper.

Manche Diebe werfen Kundenkarten, Fahrzeugpapiere und Ausweise fort, wenn sie die Brieftasche nach Bargeld durchsucht haben. Jens L. hatte mit den Papieren Besseres vor: "Ich benutzte sie als Pfand." Den meisten seiner Opfer stellte sich Jens L. dann als "Freiherr" vor, der gerade unglücklicherweise in eine kleine Verlegenheit geraten sei. Er fragte, ob sie ihm bis zum Abend 50 oder 100 Mark leihen könnten, bot als Sicherheit ein (gestohlenes) Handy - und ward nie mehr gesehen.

Reich ist Jens L. mit seinen Betrügereien nicht geworden. "Ich habe diese Taten nur begangen, um nicht auf der Straße zu enden." Den Weg zum Sozialamt fand Jens L. nicht. "Das wäre mir peinlich gewesen." Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

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