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Wildvögel kehren bei extremer Kälte aus ihrem Winterquartier an der Ostsee nach Brandenburg zurück. Dabei können sie das Virus verbreiten.

© Orestis Panagiotou/dpa

60.000 Tiere in Brandenburg geschlachtet: Kälte könnte für neue Vogelgrippe-Fälle verantwortlich sein

Die Infektionen mit H5N8 häufen sich in Brandenburg. Ein Faktor könnte der Wetterumschwung sein – das hat mit Zugvögeln zu tun.

Von Sandra Dassler

12.000 Puten in der Prignitz, 16.000 Enten in Märkisch-Oderland, 14.000 Puten in der Uckermark – die Vogelgrippe fordert seit Jahresbeginn Zigtausende Opfer in den Nutzgeflügelbeständen Brandenburgs.

Anfang dieser Woche wurde bekannt, dass der Erreger H5N8 in einem weiteren Mastenten-Betrieb in der Uckermark nachgewiesen wurde. Auf Anordnung des zuständigen Veterinäramtes wurden daraufhin insgesamt 18.000 Tiere getötet.

Der Virussubtyp H5N8 tritt seit Herbst 2020 verstärkt in Europa auf und führte auch in Deutschland zu zahlreichen Ausbrüchen von Geflügelpest. Für Menschen gilt H5N8 als unbedenklich – auch, weil es bislang keinen Hinweis auf Übertragungen gab.

Das hat sich allerdings geändert. Am Wochenende teilten russische Behörden mit, dass sich bereits im Dezember 2020 sieben Mitarbeiter eines Geflügelmast-Betriebs mit H5N8 infiziert hatten (der Tagesspiegel berichtete).

„Das ist weltweit das erste Mal“, sagt die Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit, Elke Reinking. „Im Gegensatz zu den Menschen, die sich in der Vergangenheit mit dem anderen Vogelgrippe-Subtyp H5N1 infizierten, ist aber niemand von ihnen ernsthaft erkrankt oder gar gestorben.“

Wenn es kalt wird, kehren die Vögel von der Ostsee zurück

Für die Tiere ist das Virus fast immer tödlich. Deshalb wurde um den jetzt betroffenen Mastbetrieb ein Sperrbezirk im Radius von drei sowie ein Beobachtungsgebiet im Radius von zehn Kilometern eingerichtet.

Wie bereits die meisten vorherigen Ausbrüche erfolgte auch der aktuelle in einer Gegend, die von den Experten bereits als Risikogebiet eingestuft wurde, sagt der stellvertretende Sprecher des brandenburgischen Verbraucherschutzministeriums, Dominik Lenz.

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„Da gilt ohnehin schon die Stallpflicht, weil die Gefahr besonders entlang der Feuchtgebiete und der Gewässer besonders groß ist. Eine landesweite Stallpflicht ist hingegen nicht geplant.“

Die Häufung der Fälle in den vergangenen Wochen führen Experten auch auf das Wetter und die sogenannten Kälteflüchter zurück. Das sind Wildvögel, besonders Wassergeflügel, die sich in den milden Januartagen dieses Jahres in ihre Winterquartiere an der Ostseeküste, den Boddengewässern und an den Mecklenburger Seen zurückzogen.

Wenn es plötzlich extrem kalt wird – wie vor drei Wochen geschehen – fliegen die Vögel wieder ins geschütztere Binnenland, also auch nach Brandenburg. Wenn es wärmer wird, ziehen sie natürlich wieder in die andere Richtung.

Verbreitungsrisiko laut Experten sehr hoch

So steigt in jedem Fall die Gefahr, dass das Virus über ihren Kot in die Ställe getragen wird. Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hatte deshalb schon vor fünf Tagen gewarnt, dass damit die Gefahr einer weiteren Verbreitung der Geflügelpest gestiegen sei: „Ich bitte deshalb alle Geflügelhalter – egal ob gewerbliche oder Hobbyhaltung – um höchste Wachsamkeit.“

Auch der Geflügelwirtschaftsverband Brandenburg rief alle Halter dazu auf, ihre Maßnahmen zur „Biosicherheit“ zu überprüfen und – wenn nötig – zu optimieren. Das Friedrich-Loeffler-Institut stuft in seiner aktuellen Einschätzung das Risiko einer Ausbreitung von H5N8 in Wasservogelpopulationen und des Eintrags in Geflügelhaltungen als hoch ein.

Das gelte auch für Vogelbestände in Zoologischen Gärten, wo es deutschlandweit bereits drei Ausbrüche der Viruskrankheit gab.

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