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Wut und Boden. Auf dieser Fläche an der Cuvrystraße, Ecke Schlesische Straße, war das Guggenheim-Projekt geplant.

©  Kai-Uwe Heinrich

Absage für Projekt in Kreuzberg: Opposition verteidigt Protest gegen Guggenheim

Der Rückzug der Stiftung aus Kreuzberg beschäftigt am Donnerstag das Abgeordnetenhaus. Die Opposition wehrt sich gegen Vorwürfe, das Guggenheim-Projekt sei wegen Gewaltandrohung gestoppt worden.

Die Opposition im Abgeordnetenhaus hat den Protest von Kreuzberger Initiativen gegen das Diskussionsforum „BMW Guggenheim Lab“ verteidigt. Nachdem sich die Planer des temporären Projekts zu Wochenbeginn aus dem Bezirk zurückgezogen und das mit Sicherheitsbedenken begründet hatte, verwahrten sich Grüne, Linke und Piraten am Mittwoch gegen Vorwürfe wie die von Innensenator Frank Henkel (CDU), der zu Wochenbeginn Kreuzberger „Chaoten“ als „Standortrisiko für Berlin“ bezeichnet hatte.

„Genauso wie nicht jeder Investor in Friedrichshain-Kreuzberg ein ‚Gentrifizierer‘ ist, ist nicht jeder Kritiker eines Bauvorhabens ein gewaltbereiter‚ linker Chaot“, sagte der baupolitische Sprecher der Piraten, Oliver Höfinghoff. Die Sprecherin der Linksfraktion für Stadtentwicklung, Ex-Senatorin Katrin Lompscher, sagte, die Kritik gegen das Projekt sei „Ausdruck realer Befürchtungen“, da Vorhaben wie der ursprünglich auf einer Kreuzberger Brachfläche geplante Veranstaltungsort „klassische Katalysatoren“ seien, die zur Verdrängung ärmerer Bewohner führten. Die Politik müsse die Kreuzberger Kritik „ernst nehmen und nicht als Chaotentum denunzieren“.

Der Kreuzberger Grünen-Politiker Dirk Behrendt findet es „erstaunlich, mit welcher Naivität Guggenheim an das Projekt gegangen ist“. Die Organisatoren seien „nicht ausreichend auf die Diskussionsfreudigkeit der Kreuzberger vorbereitet“ gewesen. Alle drei Oppositionspolitiker wiesen Darstellungen zurück, dass das Projekt wegen Gewaltandrohungen gestoppt wurde, wie in den vergangenen Tagen kolportiert worden war. Auch ein Sprecher der Initiative „BMW – Nee!“, die sich gegen das Projekt im Wrangelkiez gegründet hatte, kritisierte, dass „jeder Versuch des Widerstands gegen die soziale Spaltung der Stadt als ‘Gewalt‘ denunziert wird“.

Innensenator Henkel schlug am Mittwoch versöhnlichere Töne an und unterschied zwischen legitimer Kritik und Bedrohungen von Investoren. „Ich kann verstehen, dass nicht wenige Menschen besorgt sind über das, was man mit Schlagwort Gentrifizierung verbindet“, sagte er dem Tagesspiegel. „Aber das darf nicht zu Einschüchterung und Abschottung führen.“ Es sei an der Zeit, „sich stärker auf die Mentalität zu besinnen, die Berlin zu einer starken und liberalen Marke gemacht hat“. Es sei falsch, „alles wegzuprotestieren, was neu und anders ist“.

Vertreter der linksalternativen Kreuzberger Szene sehen sich durch den Rückzug in ihrem Protest gegen andere Entwicklungsvorhaben beflügelt. „Das Lab ist weg vom Spreeufer – der Protest geht weiter“, heißt es in der Erklärung der Initiative „BMW- Nee!“. Man hoffe, dass nun andere Projekte entlang des Spreeufers wie Neubauten von Daimler Benz oder Coca Cola „in den Fokus der Kritik geraten“. Das befürchtet auch der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner: „Ich sehe die Gefahr, dass weitere Ansiedlungen vertrieben werden.“ Auch die Industrie- und Handelskammer warnt vor negativen Folgen für die Wirtschaft.

Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) vermutet, dass die kritische Diskussion über das Projekt bei der New Yorker Guggenheim-Stiftung als Bedrohung wahrgenommen worden sei – zu Unrecht, wie er findet. „Da muss bei den Veranstaltern noch irgendetwas anderes mitgespielt haben“, vermutet Schulz.

Aus anderen Bezirken ist zu hören, dass die Guggenheim-Organisatoren bereits zuvor mit unvermittelten Planänderungen aufgefallen waren. So sagt der Pankower Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD), dass er bis heute keine Begründung dafür bekommen habe, wieso die Guggenheim-Leute vergangenes Jahr nach einvernehmlichen und weit gereiften Planungen plötzlich vom anfangs geplanten Standort am Pankower Pfefferberg Abstand genommen hatten. Er hat nun über Mittelsleute den New Yorkern den ursprünglichen Standort erneut angeboten – noch ohne Ergebnis.

An diesem Donnerstag beschäftigt das Thema auch das Abgeordnetenhaus: CDU und SPD wollen in der mündlichen Fragestunde vom Senat mehr über die Hintergründe des Guggenheim-Rückzugs wissen. Der CDU-Innenpolitiker Robbin Juhnke sagt: „Ich erwarte von Klaus Wowereit ein klares Bekenntnis, dass so etwas in Berlin nicht sein kann.“

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