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Fußballübertragung im Café Rizz

© Sigrid Kneist

Abschied von einer Kreuzberger Institution: Bye-bye, Café Rizz

Der Namenszug ist schon verschwunden: Nach 35 Jahren wurde das Café Rizz in Berlin-Kreuzberg geschlossen. Ein wehmütiger Rückblick.

Allein der Gedanke an diesen dunkelroten Vorhang macht wehmütig. Nie wieder werde ich ihn im Winter beiseite schieben, um einzutreten ins Café Rizz. In diesen legendären Laden an der Grimm- Ecke Dieffenbachstraße, am Rande des Graefekiezes, der dennoch nur wenig Aufhebens um sich machte. Der einfach da war. Seit meinen frühen Jahren in Berlin ein Anlaufpunkt für mich – mal mehr, mal weniger.

Jetzt ist das Rizz nach 35 Jahren geschlossen. Kurz vor Weihnachten war Schluss. Der Schriftzug über dem Eingang mit den vier Buchstaben ist verschwunden, auf den blauen Markisen ist er noch zu lesen. Stühle und Tische sind draußen angekettet. Auf dem verregneten Boden liegt ein Wirtshausschild, das „Gänsekeule, Schnitzel, Burger, Currywurst und Kuchen“ offeriert. Auf der Rizz-Homepage im Internet steht „Ab 23.12. wegen Umbau vorerst geschlossen“.

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Aus und vorbei. Das kommt einem so bekannt vor in diesen Tagen; die Betrübtheit ist groß und lässt einen bang in die Zukunft schauen, was noch alles verschwinden wird. Birgit, die Wirtin, äußert sich derzeit nicht.

Das Rizz war cool, aber nicht zu cool

In den Achtzigern war das Rizz für mich mehr als eine Kneipe oder Café. Es hieß, ich war in Berlin angekommen. Das Rizz war cool, aber nicht zu cool. Es war Wohnzimmer, kreatives Arbeitszimmer, der Startpunkt im zivilisierten Kreuzberg 61 für Ausflüge in die Nacht im wilderen 36. Tagsüber, wenn es ziemlich ruhig war, saßen wir am liebsten am großen runden Tisch, diskutierten über die Magistraarbeit, schrieben das eine oder andere Kapitel, gönnten uns nach erfolgreichem Brainstorming eine Flasche Sekt – Kriter für 25 Mark –, als Lohn für unsere akademischen Mühen. Die Musik war großartig und die Leute entspannt.

Später gab’s eine Phase, da spielte das Rizz eine nicht so wichtige Rolle in meinem Leben. Aber hin und wieder ein Besuch musste sein, um alte Erinnerungen aufzufrischen. Irgendwann kam der Fußball. Das Rizz übertrug alle bedeutenden Spiele, war eine der wichtigen Adressen für nicht ganz so fanatische BVB-Anhänger, obwohl Birgit Schalke-Fan ist. Das war kein Problem.

Zeitweise gab es Polizeischutz

Anders verhielt es sich mit politischen Fragen. Als sie im Sommer nach einigen Vorfällen per Twitter mitteilte, in ihren Räumen keine Rechtsradikalen zu dulden, brach ein Sturm – angefacht von AfD-Funktionären und -Anhängern – über sie herein, der bundesweit Beachtung fand und zu zeitweisem Polizeischutz im Lokal führte.

Alles Vergangenheit. Jetzt bleibt die Erinnerung, wie etwa beim letzten Spiel der Bayern gegen den BVB der Rizz-Klassiker, die doppelte Currywurst mit Pommes, auf dem Tisch stand. Und der Vorhang wird nicht mehr aufgezogen.

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