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Stilles Gedenken. Stobbe war am 19. Februar verstorben. Foto: dpa

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Berlin: Abschied von Stobbe

Trauerfeier im Französischen Dom für den ehemaligen Regierenden Bürgermeister

Eine solche Ansammlung lokalpolitischer Kompetenz hat es in Berlin lange nicht gegeben: Klaus Schütz, Hans-Jochen Vogel, Richard von Weizsäcker, Eberhard Diepgen, Walter Momper und Klaus Wowereit waren am gestrigen Mittwoch in den Französischen Dom gekommen, um von ihrem Amtsvorgänger Dietrich Stobbe Abschied zu nehmen. Und neben ihnen saßen andere Prominente wie Edzard Reuter, Wolfgang Thierse, Egon Bahr, die Spitzen der aktuellen Abgeordnetenhausfraktionen, dazu viele Ehemalige aus der Landespolitik.

Dietrich Stobbe, der am 19. Februar nach langer Krankheit im Alter 72 Jahren gestorben war, hatte sein politisches Wirken mit dem Rücktritt vom Amt des Regierenden Bürgermeisters 1981 nicht beendet. Er ging für die Friedrich-Ebert-Stiftung nach New York, um die transatlantischen Beziehungen zu pflegen, saß acht Jahre im Bundestag, koordinierte dann die Verschmelzung der SPD-Fraktionen von Volkskammer und Bundestag und blieb auch dann ein geschätzter Ratgeber, als ihm die Partei der Einzug in den neuen gesamtdeutschen Bundestag verwehrt hatte.

„Er hat nicht oft angerufen“, erinnerte sich Klaus Wowereit in seiner Gedenkrede, „aber wenn, dann ging es ihm um die Sache, nicht um sich“. Schon als junger Senator für Bundesangelegenheiten sei Stobbe von der fast aussichtslosen Lage der Halbstadt West-Berlin fasziniert gewesen und habe das Thema zu seiner Mission gemacht, allerdings unter der Maxime: „Ich will weg von einem Berlin, das dauernd um Hilfe schreit“. Stobbe sei ein „begeisterter Berliner mit dem Blick des Weltbürgers“ gewesen und habe „vielen von uns sehr viel gegeben“, sagte Wowereit.

Der evangelische Landesbischof Markus Dröge hielt die Predigt über den Satz aus dem 1. Korintherbrief: „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ Er schilderte Stobbe als einen nachdenklichen Optimisten, der neugierig und großherzig auf die Menschen zugegangen sei und in Dankbarkeit mehr als zufrieden auf ein erfülltes Leben zurückgeschaut habe.

Die frühere SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan erinnerte sich an lange persönliche Gespräche mit Stobbe in den letzten drei Jahren. Sie sei von seiner „uneitlen Demut“ beeindruckt gewesen und habe begriffen, welche Rolle der Glaube für ihn gespielt habe. Als Politiker sei er nie im Lagerdenken verfangen gewesen, sondern habe stets versucht, das Leben der Menschen im Alltag durch kleine Schritte zu verbessern.

Der Theologe und frühere Volkskammerabgeordnete Richard Schröder berichtete von Stobbes ohne öffentliches Aufsehen verrichteter Arbeit im Zuge des deutschen Vereinigungsprozesses. „Für ihn war die deutsche Einheit anders als für viele andere ein Glücksfall von Anfang an“, sagte er und bedauerte, dass Stobbe seine Absicht, Erinnerungen an das Jahr 1990 zu schreiben, nicht mehr habe umsetzen können.

Begleitet vom Bach-Choral „Jesus bleibet meine Freude“ wurde der Sarg aus der Kirche getragen. Die Beisetzung auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Mitte fand anschließend im engsten Familienkreis statt. Bernd Matthies

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