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Rumpel, rumpel.. Der Hausmüll muss abgeholt werden, Pakete müssen geliefert werden … ärgerlich nur, wenn das genau im Berufsverkehr passiert.

© dpa

Ärger um Routen in Berlin: Die Müllabfuhr bremst den Berufsverkehr aus

Immer wieder donnerstags bremst der Müllmann den Verkehr aus - und Autofahrer können nur noch hinterher schleichen. Gibt es im Berufsverkehr keine Alternativen? Erzählen Sie doch mal von Ihren Erfahrungen.

Morgens gibt’s hier regelmäßig Frust. Die Straße ist wichtig und viel befahren. Mit nur einer Spur pro Fahrtrichtung ist sie eh ein Engpass. Wenn dann noch morgens das große Müllfahrzeug von Haus zu Haus zuckelt, geht hier fast nichts mehr. Eine Vorbeifahrt ist wegen des ebenfalls starken Gegenverkehrs kaum möglich, lange Staus sind die Folge.

Die Geschichte spielt in der Köpenicker Straße, eine Nord-Süd-Verbindung im Osten der Stadt. Hier muss lang, wer von Marzahn-Hellersdorf nach Köpenick, Adlershof oder Neukölln will. Jeden Donnerstag aber müssen Autofahrer eine halbe Stunde mehr Fahrzeit einplanen. Denn ausgerechnet in der Spitze des Berufsverkehrs blockiert die Müllabfuhr die einzige Fahrspur. Kein Einzelfall, heißt es beim ADAC.

Ähnliches hat nämlich Jörg Becker, Verkehrsleiter beim ADAC Berlin-Brandenburg, in der nachmittäglichen Rush-Hour auch auf dem Schöneberger Ufer erlebt. Hier legte ebenfalls ein Müllfahrzeug den Verkehr lahm. Dazu kommen vielerorts noch Lieferfahrzeuge von Firmen oder Paketdiensten. Immer weniger wird in Berlin auf Lieferzonen geachtet, stattdessen werden immer mehr Straßen zurückgebaut, bemängelt Becker. In den 90er Jahre gab es eine Initiative, den Liefer- und Abholverkehr azyklisch vom Berufsverkehr zu trennen. Heute ist davon nichts mehr zu merken, so der Experte. Er wünscht sich, dass Stadtreinigung und private Müllentsorger ihre Tourenpläne optimieren. Und dass Polizei und Ordnungsämter stärker gegen verkehrsbehindernde Falschparker vorgehen.

Die Touren werden im Frühjahr und im Herbst festgelegt, weil in den Sommermonaten zusätzlich die Laubenkolonien bedient werden müssen, sagt Sabine Thümler von der Berliner Stadtreinigung (BSR). Sie werden nach wirtschaftlichen und logistischen Gesichtspunkten geordnet. In ihren Gebieten können die Fahrzeugbesatzungen, die pro Schicht eine vorgegebene Zahl von Tonnen leeren müssen, den Verlauf der Route in eigener Regie gestalten, wobei auch auf kurze Fahrwege geachtet wird. Thümler verweist darauf, dass man in Deutschland mit der Müllabfuhr aus Lärmschutzgründen erst um sechs Uhr früh beginnen kann. Angesichts der Vielzahl von Berliner Straße könne man dann nicht bis zum Ende des Berufsverkehrs alle engen Hauptverbindungsstrecken auslassen. An jedem zweiten Donnerstag leert Alba in der Köpenicker Straße die gelben Tonnen und sammelt die gelben Säcke ein.

Vor 6 Uhr dürfen Müllfahrzeuge in Deutschland nicht ihre Tour beginnen

„Unsere Entsorgungstour starten wir dort direkt nach Schichtbeginn morgens gegen sechs Uhr beziehungsweise nachmittags gegen 14 Uhr, da sich die Köpenicker Straße in unmittelbarer Nähe zu unserem Standort befindet, von dem aus unsere Lkw losfahren,“ sagt Bernd-Rüdiger Worm, Geschäftsführer der Alba Berlin GmbH. „Zu beiden Uhrzeiten herrscht dort in der Regel eine entspannte Verkehrssituation, da die Richtungen der Verkehrsströme zu diesen Zeiten genau gegenläufig sind.“ Betroffene Autofahrer erzählen genau das Gegenteil. „In den überwiegenden Fällen gelingt es uns, größere und längere Staus aufgrund unserer Entsorgungstätigkeit zu vermeiden, entsprechende Beschwerden liegen uns auch nicht vor“, so Worm. Um die Zeiten mit der größten Verkehrsdichte zu vermeiden, fahren wir bewusst im Zwei-Schichtsystem und starten bereits früh morgens gegen 6 Uhr. Nicht beeinflussbar sind für uns jedoch externe Faktoren wie Bauarbeiten oder beispielsweise das erhöhte Verkehrsaufkommen aufgrund des Bahnstreiks. Hier reagieren unsere Fahrer dann entsprechend und ändern spontan die Route, je nach Verkehrsaufkommen. Unsere Routenplanung ist entsprechend flexibel gestaltet.“

Indessen leiden auch die Rettungskräfte in Berlin zunehmend unter Staus und Engpässen. Die Feuerwehr hat dabei größere Probleme mit den Falschparkern. „Ein Müllauto kann ja noch weiter fahren, wenn wir kommen“, sagt Feuerwehr-Sprecherin Bianka Olm. Stecken die Einsatzkräfte trotz Blaulicht und Sirene selbst hoffnungslos im Stau, wird Ersatz von einer anderen Wache in Marsch gesetzt. Auch an Großbaustellen auf Hauptverkehrsstraßen sorgen immer mehr einspurige Engpässe für Staus, kritisiert Jörg Becker. Als Beispiels nennt er die Kreuzung von Pank- und Osloer Straße als wichtige Ost-West-Achse im Berufsverkehr mit Metrobuslinie, wo es seit fast einem Jahr nicht mehr vorangeht. „Früher hätte die Verkehrslenkung so etwas nicht genehmigt“, so der ADAC-Verkehrsleiter. Doch heute werde der Verkehr nur noch in Ausnahmefällen zweispurig beispielsweise über Gehsteig oder Mittelstreifen an den Baustellen vorbeigeführt. Für die Umwelt sei diese offenbar gewollte Form der Verkehrsberuhigung durch die so entstehende Abgas- und Lärmbelastung wenig verträglich.

An der Tonne hört der Spaß auf! Windeln zwischen den Wertstoffen, grüne Flaschen im Weißglas – das hehre Ziel der Mülltrennung wird bereits im eigenen Hinterhof Tag für Tag verfehlt. Ein Plädoyer an die Nachbarn. Lesen Sie mehr (und eine große Leserdebatte) unter diesem Tagesspiegel-Link.

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