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Berlin: Alles wird gut

Die Therme Templin galt als finanzielles Desaster. Nun scheint sie, rundum saniert, zu funktionieren

Die Frauen liegen beim Besuch der Brandenburger Thermalbäder eindeutig in Führung. Nur 40 Prozent der Gäste sind Männer. Dagegen ist der Anteil von jüngeren und älteren Besuchern beinahe ausgeglichen. 49 Prozent haben die 50 schon überschritten, 48 Prozent befinden sich im Alter zwischen 20 und 50, der kleine Rest entfällt auf die junge Generation. 56 Prozent der Gäste sind verheiratete Pärchen, 22 Prozent kommen zusammen mit Freund oder Freundin. Die Ergebnisse stammen aus einer Befragung in der Naturtherme Templin, doch sie dürften als repräsentativ für die Wellnessbranche in Brandenburg gelten. In den anderen Gesundheitsbädern des Landes sieht es nämlich nicht viel anders aus. Wer erfolgreich sein will, muss sich auf diese Fakten einstellen. Schließlich müssen die kalkulierten Besucherzahlen jeden Abend erreicht sein.

Im Schnitt liegt die profitable Untergrenze bei 500 bis 600 Gästen. Davon hängt inzwischen nicht nur das Überleben der eigentlichen Therme ab. So wie in der Kleinstadt Templin sind auch in Bad Wilsnack, Belzig, Bad Saarow oder Burg im Spreewald rund um die Bäder Hotels, Pensionen, Gaststätten entstanden oder erweitert worden. Dazu kommen Rad- und Bootsverleiher, Stadt- und Wanderführer und andere Tourismusbetriebe. Fällt die Therme als Magnet aus, kann das die Existenz kosten.

Templin zeigte das im Vorjahr auf drastische Weise. Für die Beseitigung von mehr als 500 Baumängeln musste das im November 2000 eröffnete Bad für acht Monate schließen. Erst kurz vor Weihnachten öffnete es wieder. „Um sieben Prozent gingen durch das Fehlen der Therme die Umsätze in Templin zurück“, sagt Sabine Hertrich, Chefin des örtlichen Tourismusservice. Nur die Wiedereröffnung des Western- und Indianerparks „Eldorado“ vor den Toren der Stadt, der rund 75 000 Neugierige anlockte, verhinderte ein noch größeres Minus. Doch auch so erreichten die Verluste für den Templiner Tourismus eine hohe sechsstellige Summe.

Die Steuerzahler müssen für die Sünden in der Bauzeit der Therme bluten. Für das vor allem bei Berlinern so beliebte Bad – rund ein Drittel der Besucher stammt aus der Hauptstadt – mussten rund zehn Millionen Euro aufgebracht werden. Das Geld wurde nicht nur in den Austausch sämtlicher 200 000 Fliesen gesteckt, die dem aggressiven Solewasser nicht mehr standhielten, sondern auch in eine großzügigere Gestaltung des Wellness- und Saunabereichs.

Das kleine Templin musste für die Sanierung zwei Millionen Euro Kredit aufnehmen. Aus diversen Landeskassen kamen rund sieben Millionen. Die Versicherungen der Projektanten und der an der Errichtung des Bades beteiligten Baufirmen wurden mit rund einer Million Euro zur Kasse gebeten. „Gutachten hatten beispiellosen Pfusch am Bau nachgewiesen“, sagte Templins Bürgermeister Ulrich Schoeneich. „Es gab nicht wenige Stimmen in der Stadt, die nach dem Desaster einen völligen Abriss der Therme forderten. Aber sie ist nun einmal unser Aushängeschild und zieht jährlich rund 250 000 Gäste an.“

Die Templiner hatten sich Ende der Neunziger für ein einheimisches Architektenteam entschieden. Doch das besaß keine Erfahrungen mit einem Bad von 10 000 Quadratmetern Grundfläche. Vor allem unterschätzte es die aggressiven Inhaltsstoffe des aus großer Tiefe geförderten Thermalwassers. Bei der Sanierung stießen die Bauleute auf schier unglaubliche Nachlässigkeiten: Im Beton waren nicht mehr benötigte Scheinwerfer entsorgt, Löcher an den unmöglichsten Stellen gebohrt worden. „Kriminell“, lautete das Fazit der Gutachter.

Gewechselt haben nun nicht nur Qualität und die Farbe der Fliesen. Auch der Kleinkinder- und der Massage- und Therapiebereich sind größer. Der anfangs von Fachleuten und Besuchern skeptisch beurteilte Spagat zwischen Gesundheits- und Erlebnisbad unter der großen Kuppel könnte nun durchaus gelingen. Vor allem die zwei großen Rutschen erweisen sich dank guter Dämmung nicht als Lärmquelle.

Natürlich geht es gerade an Wochenenden im großen Wellenbecken, in den Sprudelbecken und in den drei Whirlpools mit unterschiedlicher Solekonzentration hoch her. Wer es ruhiger haben möchte, kommt entweder an Wochentagen oder sucht während des Wellenbetriebes den Aqua-Musicale-Raum auf, wo man zu gedämpfter Musik im Wasser schweben kann. Das beheizte Außenbecken ist ebenso eine Empfehlung wert wie der großzügige Saunabereich.

„Gesundheit im Gehen“ verspricht der Grottengang. 36 Grad Celsius warmes Wasser fällt von den künstlichen Felswänden und zerstiebt beim Aufschlagen auf den Untergrund in feinste Tropfen. Der Dampf enthält eine Salzkonzentration von sechs Prozent, was Beschwerden wie Asthma und andere Atemwegserkrankungen lindern soll. Die Sole für die Becken und den Grottengang stammt aus 1650 Metern Tiefe. An die Oberfläche tritt sie mit 57 Grad und einem Salzgehalt von 15 Prozent. Für die Gäste wird sie auf 32 bis 36 Grad heruntergekühlt. Auch im Wellnessbereich können die Gäste die als blutdrucksenkendes Heilmittel anerkannte Sole genießen. Und: Durch die Umbauarbeiten sind zu den Angeboten Rasul, Hamam oder Ayurveda mehrere Badezeremonien für je zwei Personen hinzugekommen.

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