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Berlin: Andrang im Job-Center: Täglich 200 neue Anträge Viele Beschwerden über fehlende Zahlungen: Zu einem Drittel sind Behörden-Pannen schuld

Im Sekundentakt gibt die Mitarbeiterin am Informations-Schalter freundlich Auskunft auf die vielen Fragen: „Antrag für Arbeitslosengeld II: 1. Stock.

Im Sekundentakt gibt die Mitarbeiterin am Informations-Schalter freundlich Auskunft auf die vielen Fragen: „Antrag für Arbeitslosengeld II: 1. Stock. Arbeitslosmeldung: 2. Stock. Familienkasse: umgezogen.“ Der Besucherstrom in der Arbeitsagentur Südwest an der Wolframstraße reißt gestern Vormittag nicht ab. Allein kann eine Mitarbeiterin den Ansturm gar nicht mehr bewältigen. Deswegen gibt’s am Eingang auch Verstärkung. Der größte Andrang herrscht natürlich im zweiten Stock. Da ist das neue Job-Center untergebracht, das sich seit Jahresanfang um die Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II) kümmert.

Dominick J. wartet auf sein Geld. Am 15. Oktober hat der 23-Jährige, wie er sagt, den Antrag abgegeben: „Bis heute habe ich keinen Bescheid und deswegen kein Geld. Ich stehe vor der Mittellosigkeit.“ Zwei Stunden hat er gewartet, jetzt will er endlich wissen, was los ist. So wie ihm geht es etlichen Langzeitarbeitslosen.

Die Geschäftsführerin des Job-Centers Tempelhof-Schöneberg, Ingrid Wagener, geht davon aus, dass gut 20 Prozent der ALG-II-Berechtigten zu Anfang des Jahres kein Geld bekommen haben. Von denen aber hätten es zwei Drittel selbst verschuldet, da sie entweder gar keinen Antrag gestellt oder die Formulare erst jetzt eingereicht hätten. „Wir haben uns im Dezember im Sozialamt immer gewundert, warum die Rücklaufquoten so niedrig waren. Nach den Feiertagen wussten wir, warum“, sagt Wagener. Seit der letzten Dezemberwoche seien Tausende Anträge eingetroffen. Diese Erfahrungen machen auch andere Agenturen. In Mitte etwa werden weiterhin täglich 200 neue Anträge gestellt.

In vielen anderen Fällen aber lag es nicht an Versäumnissen der Arbeitslosen, dass das Geld ausblieb. Rund 6600 Mal zahlten die Berliner Arbeitsagenturen in der vergangenen Woche entweder Abschlagszahlungen bar aus oder vergaben Schecks, wenn wegen der bekannten Computer-Panne mit den Konto-Nummern oder aufgrund individueller Fehler das Geld auf dem Konto ausgeblieben war. Aber auch bei der eigentlich unkomplizierten Auszahlung per Scheck kam es zu Schwierigkeiten. Menschen, die aufgrund der Computerpanne kein Geld erhielten, gingen also trotz Scheck ein zweites Mal leer aus. Die Fehlerquelle war banal: Auf den Formularen reichten nach Wageners Worten die Kästchen für die Buchstaben langer Straßennamen nicht aus. Weil das Formular nicht richtig ausgefüllt werden konnte, akzeptierte die Postbank die Schecks erst nicht. Nach einigen Tagen war das Problem behoben.

Manche Beschwerden über Schlampereien in Agenturen oder Job-Centern halten Hartz-IV-Experten aus den Job-Centern aber für unberechtigt. „Manche Betroffene greifen zur Notlüge. Sie stellen fest, dass sie für die ersten Januar-Tage kein Geld bekommen und behaupten, sie hätten den Antrag schon lange vorher gestellt.“ Es könne ihnen ja keiner die Lüge nachweisen.

Im Job-Center Tempelhof-Schönebergdreht sich an diesem Tag nicht alles nur ums Geld. „Das war pünktlich auf meinem Konto“, sagt Meral Y. Die 23-Jährige kommt wie manche andere auch, weil sie sich einmal im Monat melden soll.

Stefan A. will etwas anderes: Er möchte endlich eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Der 24-Jährige hofft auf eine Ausbildung im IT-Bereich. Schließlich soll bei Hartz IV nicht nur das Fordern, sondern auch das Fördern im Vordergrund stehen.

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