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Polizisten in ihrem Wagen in der Einfahrt zur Virchow-Klinik. Hier wird der angeschossene Chef einer Gruppe der Berliner Hells Angels versorgt.

© dpa

Angeschossener Hells Angel: Jetzt blättert die Polizei in der Krankenakte des Rocker-Chefs

Die Angehörigen des niedergeschossenen André Sommer wollten die Ärzte nicht von ihrer Schweigepflicht entbinden. Dennoch dürfen die Ermittler nun die Patientenakte des Hells Angels einsehen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft darf die Patientenakten des niedergeschossenen Rockerbosses aus Hohenschönhausen einsehen. Dies habe ein Ermittlungsrichter genehmigt, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag. Der 47-jährige André Sommer war vor zwei Wochen niedergeschossen worden. Sommer war bis Ende Mai der Chef der Hells Angels im Osten der Stadt. Seine Angehörigen hatten, wie berichtet, die Ärzte der Klinik, in der Sommer behandelt wird, nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden. Der Rocker ist verheiratet und hat zwei Söhne.

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Die Schweigepflicht, erklärten Juristen, habe ein so hohes Gewicht, dass es zunächst als unwahrscheinlich galt, dass die Ärzte mit den Behörden über Details der Schussverletzungen sprechen würden. Nun dürfen Ermittler die Behandlungsunterlagen von Sommer sichten. „Ein normaler Vorgang“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

In Justizkreisen wird darauf hingewiesen, dass es sich beim Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient um ein hohes Gut handele. „Zu Recht wird die ärztliche Schweigepflicht als sehr wichtig anerkannt, nur in Ausnahmefällen darf das Gemeinwohl vorgehen“, sagte der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz. Im vorliegenden Fall war Sommer zwar das Opfer eines Anschlags und nicht selbst Verdächtiger in einem Strafverfahren. Dadurch aber, dass die Weigerung zu kooperieren die Ermittlungen erschwerte, sei die Entscheidung des Richters nachvollziehbar. Schließlich werde wegen Mordversuchs ermittelt. Die Ärztekammer ist für Berufsrecht- und Ethikfragen zuständig.

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Die Polizei kann anhand der in den Krankenakten beschriebenen Verletzungen womöglich Schlüsse auf die Tat ziehen: Wo stand der Schütze? Wo schlugen die Kugeln ein? Wohin hat er gezielt? Die Projektile, die in seinem Körper steckten, hatte die Polizei schon nach einer Operation beschlagnahmt.

Kürzlich hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) Verbotsverfügungen gegen zwei Berliner Hells-Angels-Gruppen erlassen. Darunter war auch die Truppe um André Sommer, die sich allerdings kurz vor der Durchsetzung des Verbots selbst auflöste. Eine Reinickendorfer Hells-Angels-Dependance erwägt einem Rockersprecher zufolge, gegen das Verbot ihres Vereins zu klagen.

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