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Berlin: Anti-Korruptionsstelle ermittelt gegen früheren Charité-Chef

Innenrevision der Klinik schlug Alarm: Bernhard Motzkus unterschrieb Vertrag, der Senatsrichtlinien verletze. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet

Die Berliner Zentralstelle Korruptionsbekämpfung hat Ermittlungen gegen den ehemaligen Verwaltungsdirektor der Charité, Bernhard Motzkus, eingeleitet. Das bestätigte die zuständige Staatsanwaltschaft dem Tagesspiegel. Hintergrund ist unter anderem ein von Motzkus im Mai 2003 unterzeichneter Kooperationsvertrag zwischen der Charité und der GesundheitsdienstleistungsGmbH (GDL). Die Firma ist eine Tochtergesellschaft der Charité mit 70 Angestellten. Sie übernimmt für die Universitätsklinik unter anderem die Akquise und die Abrechnung von ausländischen Patienten. Eine der Grundlagen der Ermittlungen ist eine Bewertung des Kooperationsvertrages durch die Innenrevision des zur Charité gehörenden Klinikums Benjamin Franklin. Diese Instanz ist ein Instrument der Geschäftsführung, um Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Ein Mitarbeiter der Innenrevision hat bei der Staatsanwaltschaft Vorwürfe gegen Motzkus erhoben, die nach einer Vorprüfung die Ermittlungen auslösten. Zu dem konkreten Vorwurf wollte die Staatsanwaltschaft gestern keine Angaben machen.

Die Innenrevision hatte im Dezember den GDL-Vertrag begutachtet. Ergebnis: Die Vereinbarung widerspreche den „Richtlinien der Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Berliner Verwaltung“. So war der Geschäftsführer der GDL gleichzeitig Stellvertreter von Motzkus an der Charité. „Insoweit hätte, aus Gründen der Korruptionsprävention, zumindest Hr. Motzkus den Vertrag nicht allein unterzeichnen dürfen“, heißt es in dem Vermerk, der dem Tagesspiegel vorliegt. Durch das dienstliche Untergebenenverhältnis fehle es an persönlicher Distanz zwischen den Vertragspartnern und deshalb an Kritikfähigkeit.

Motzkus weist die Anschuldigungen zurück: „Das sind absolut lächerliche Vorwürfe“, sagte er dem Tagesspiegel. Bei dem GDL-Vertrag gehe es nicht einmal ansatzweise um eine Vorteilsnahme. Diese Konstruktion sei der Charite von Steuerberatern empfohlen worden. Denn laut Gesetz falle dann keine Mehrwertsteuer an, wenn eine Tochterfirma Dienstleistungen für das Mutterunternehmen erbringe und die Geschäftsführung von denselben Personen ausgeübt werde. „Das ist keineswegs irgendwie bedenklich“, sagte Motzkus. Er behält sich nun seinerseits rechtliche Schritte gegen den Mitarbeiter der Innenrevision vor.

Das Verfahren erhält eine besondere Brisanz, weil in den Ermittlungen auch die ehemalige Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums, Ingrid Nümann-Seidewinkel, Beschuldigte ist. Sie soll versucht haben, die Nachforschungen der Innenrevision zu behindern, indem sie einem Mitarbeiter disziplinarische Konsequenzen androhte. Das war auch der Grund für die Staatsanwaltschaft, dem Fall nun sehr genau nachzugehen.

Nümann-Seidewinkel weist die Vorwürfe als „ völlig haltlos, ja fast absurd“ zurück. Sie war vom Zeitpunkt der Fusion der Charité mit dem Steglitzer Klinikum Benjamin-Franklin am 1. Juni 2003 bis zum 31. Januar 2004 Vorstandsvorsitzende der Charité und ist jetzt Mitglied des Aufsichtsrates. Sie räumt ein, sich über das Verhalten des Innenrevisors, der Informationen an die Staatsanwaltschaft weitergab, „sehr geärgert“ zu haben. „Besonders, weil der Mitarbeiter erstens zur Staatsanwaltschaft gegangen war, ohne mich vorher zu informieren, und zweitens weil er dabei offenbar sehr umfassende Vorwürfe erhoben hatte, ohne diese mit Beweisen belegen zu können.“ Nachdem Ende Januar bei ihr die entsprechende Information der Staatsanwaltschaft eingegangen sei, habe sie eine Juristin eingeschaltet. Das Vorgehen des Innenrevisors sei „in Form und Inhalt geeignet, eine Verletzung der Dienstpflicht anzunehmen“. Die Juristin sollte dies prüfen und gegebenenfalls den Mitarbeiter anhören. Diese „dienstliche Anhörung“ habe aber ihres Wissens nicht stattgefunden.

In der zuständigen Senatswissenschaftsverwaltung nimmt man die Vorwürfe sehr ernst, auch wenn zunächst die Unschuldsvermutung gelte. Deshalb sollen nun alle Leitungsentscheidungen der Charité der vergangenen Jahre geprüft werden, das gelte auch für die Ausgliederungen von Tochterfirmen.

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