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Die vom Flughafen gewünschten unabhängigen, gleichzeitigen Starts machen eine Abweichung von den geplanten Flugroten nötig.

© dapd

Prozess gegen BER-Flugrouten: Anwalt: Betroffene hätten Flugrouten-Änderung ahnen müssen

Die Lärmbetroffenen am künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg sind selbst Schuld, dass sie sich bei den Flugrouten hinters Licht haben führen lassen. Das hat zumindest der Anwalt der Planfeststellungsbehörde vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptet.

Mit der Aussage, die Lärmbetroffenen am künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg hätten künftige Änderungen der Routen ahnen müssen, überraschte am Mittwoch der Anwalt der Planfeststellungsbehörde, Klaus-Peter Dolde, die Zuhörer im Großen Saal des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Erneut ging es darum, ob bei der Flughafenplanung die künftigen Routen bewusst verschwiegen worden waren. Kläger aus Mahlow und Zeuthen hatten deshalb beantragt, den Planfeststellungsbeschluss zurückzunehmen oder zumindest auf unabhängige Starts von beiden Bahnen zu verzichten. Dies würde die im Planfeststellungsverfahren angegebenen Geradeausflüge bei Starts ermöglichen.

Dolde gab zu, dass im Planfeststellungsbeschluss nicht explizit darauf hingewiesen worden war, dass sich die Routen später ändern können. Obwohl intern mindestens seit 1998 bekannt gewesen sei, dass bei den vom Flughafen gewünschten unabhängigen Starts ein Abweichen der Maschinen von den geplanten Flugrouten um 15 Grad erforderlich ist, sei bis zum Schluss weiter öffentlich mit den Geradeausflügen geplant worden, begründete Klägeranwalt Mathias Hellriegel den Antrag auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses. Bei den sogenannten unabhängigen Starts können die Lotsen Flugzeuge von beiden Bahnen ohne Absprache untereinander starten lassen, das beschleunigt den Betrieb.

Die Betroffenen hätten wissen müssen, dass sich die Routen ändern könnten, sagte Dolde. Rechtlich verbindlich würden diese bekanntlich erst kurz vor der Inbetriebnahme eines Flughafens festgelegt. Die ersten geänderten Vorschläge hatte die Flugsicherung im September 2010 vorgelegt. Förmlich beschlossen werden sollten sie im Frühjahr 2012, als noch geplant war, den Flughafen am 3.Juni 2012 zu eröffnen. Bei der Fülle von Details sei es unmöglich, auf alle möglichen Varianten in einem Planfeststellungsverfahren hinzuweisen, argumentierte Dolde.

Die Protestler beweisen Ausdauer bei ihren Demos gegen die Flugrouten:

So gut wie alle Betroffenen waren allerdings völlig überrascht worden, dass es am Flughafen zu anderen Routen kommen wird als im Verfahren angegeben. Dass dies aber ausreicht, den Planfeststellungsbeschluss zu kippen, ist unwahrscheinlich. Wie bereits am Dienstag, machte auch am Mittwoch der Vorsitzende Richter Rüdiger Rubel klar, dass die Hürden dafür erneut sehr hoch hingen. Selbst ein "beachtlicher Fehler" könne durch eine Planergänzung berichtigt werden. Hellriegel argumentierte, die Vorgaben aus dem Planungsverfahren müssten bei der Routenfindung bindend sein; die Flugsicherung könne nicht beliebig davon abweichen. Es sei ein "rechtsstaatliches Ärgernis", dass die Planfeststellung und die Bestimmung der Flugrouten getrennt erfolgten - mit einem jahrelangen Abstand.

Wie bei ähnlichen Verfahren am Dienstag zeichnete sich auch am Mittwoch bereits in der Verhandlung ab, dass die Klagen scheitern werden. Eine bewusste Täuschung mag das Gericht wohl nicht sehen. Der Verwaltungsrechtler Wolfgang Baumann, als Zuhörer dabei, sagte, damit sei es künftig fast unmöglich, Pläne der Verwaltung vor Gericht zu kippen. Ein Ergebnis könnte aber sein, dass bei künftigen Projekten die Auslegung der Unterlagen örtlich erweitert wird und Bereiche einschließt, die auch nur eventuell betroffen sein können. "Doch was hilft das, wenn die Angaben in den Unterlagen nicht stimmen?", resignierte ein Anwohner.

Ein Urteil wird erst Ende Juli erwartet.

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