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KV-Vorstandsmitglied Uwe Kraffel widerspricht den Vorwürfen.

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Umstrittene Extrazahlungen: Ärzte und Politiker fordern Rücktritt der KV-Funktionäre

Der Streit um Extrazahlungen an Vorstände eskaliert. Rücktrittsforderungen werden laut. Die Kassenärztliche Vereinigung lehnt Konsequenzen jedoch weiterhin ab.

Der Streit um die Extrazahlungen an Ärztefunktionäre spitzt sich zu. Drei Vorstandsmitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) bekamen 2011 wie berichtet jeweils 183 000 Euro, und zwar als Hilfe für ihre eigenen Praxen, wenn sie aus ihrem Amt ausscheiden. Das Ende ihrer hauptamtlichen Tätigkeit für die KV ist aber erst in sechs Jahren vorgesehen – die drei sehen sich dennoch im Recht. Die KV-Spitze habe nicht begriffen, wie dramatisch der Vorgang sei, kontertHeiko Thomas, Gesundheitsexperte der Grünen. Sie müsse das Geld zurückgeben oder spenden. Von Ärzten und von politischer Seite gibt es Rücktrittsforderungen.

„Die KV in ihrer jetzigen Form ist ein Dinosaurier“, sagte Thomas Isenberg, SPD-Gesundheitsexperte im Abgeordnetenhaus. „Sie vertritt die Interessen einer kleinen Gruppe von Fachmedizinern, nicht die Kassenärzte insgesamt, was eigentlich ihr gesetzlicher Auftrag ist.“ Dies könne man auch daran sehen, dass Praxen ungleich verteilt seien. Tatsächlich gibt es in Charlottenburg mehr niedergelassene Spezialisten als in Hohenschönhausen, obwohl die Versorgung durch die KV überall weitgehend gleich gut organisiert sein sollte.

Die KV-Spitze widersprach den Vorwürfen: „Eine Selbstverwaltung der Ärzte, wie wir sie derzeit haben, ist auch künftig notwendig“, sagte KV-Vorstandsmitglied Uwe Kraffel. Außer um ihn geht es um seine Amtskollegen Burkhard Bratzke und Angelika Prehn. Kraffel selbst hat eine Augenarztpraxis, in der er wegen seiner KV-Aufgaben jedoch nur selten tätig sein könne. Die umstrittenen Zahlungen seien auf Grundlage einwandfreier Verträge erfolgt. Man habe zuvor externe Juristen zur Begutachtung bestellt, erklärte Kraffel.

Zunächst sahen die Arbeitsverträge der KV-Chefs eine Übergangszahlung in Höhe eines Jahresgehaltes nur vor, wenn „die ursprüngliche ärztliche Tätigkeit wieder hauptberuflich“ aufgenommen werde. Anfang 2011 hatte die KV-Vertreterversammlung, das sogenannte Ärzteparlament, jedoch die Regel zugunsten der Vorstände ändern lassen. Hintergrund war eine Entscheidung des Senats, der über die KV wacht, dass künftig nur noch sechs Monatsgehälter als Bonus zu zahlen sind. Deshalb habe man den Vorständen einen sofortigen Ausgleich für die „Kürzung“ in Form der 183 000 Euro gestattet. Das Vorgehen hält Hans-Georg Meier, Arbeitsrechtsexperte des Deutschen Anwaltvereins, für rechtlich falsch: „Wenn die KV solche Verträge mit ihren Spitzenfunktionären macht, legitimiert sie sinnwidrige Zahlungen. Dies stellt ein rechtswidriges Umgehungsgeschäft dar.“

Die Vorstandsmitglieder der KV betonten außerdem, dass die Senatsgesundheitsverwaltung die Vereinbarungen zur Prüfung erhalten und nicht beanstandet habe. Die Gesundheitsverwaltung will sich erst nach Ende der jetzigen Prüfung äußern. Unabhängig davon sind am Donnerstag Rücktrittsforderungen lauter geworden. Der Chef des Hausärzteverbandes Berlin-Brandenburg, Wolfgang Kreischer, forderte Neuwahlen des Vorstandes. Er gehört der Vertreterversammlung der KV an, konnte sich bei Wahlen aber nicht gegen die drei Vorstandsmitglieder durchsetzen. Es drohe eine „dauerhafte Spaltung“ innerhalb der KV, sagte Grünen-Experte Thomas. Allgemeinmediziner Kreischer wird innerhalb der 40-köpfigen KV-Vertretersammlung von zehn bis 15 Medizinern unterstützt. Viele Fachärzte halten weiter zum gewählten Vorstand.

Auch der Gesundheitsexperte der Linksfraktion, Wolfgang Albers, forderte Kraffel und seine Kollegen zum Rücktritt auf. „Die KV-Spitze ist eine Beutegemeinschaft geworden, die nicht mehr kontrolliert wird. Die drei sollten schon vor dem Ergebnis der rechtlichen Prüfung zurücktreten“, sagte Albers, der selbst lange als Chirurg gearbeitet hat.

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