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Attacke auf Merkel: Störer mit Sprengstoff-Fimmel

Der 25-Jährige, der beim Treffen der Kanzlerin mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy auf Angela Merkel zugestürmt war, wirft der Polizei Nachlässigkeit vor. In Kürze steht er wegen Waffenbesitzes vor Gericht.

„Die Sicherheitsvorkehrungen waren sehr lasch“, sagte Roland Bialke am Mittwoch. Es sei sehr leicht gewesen, die Polizeiabsperrungen zu umgehen und sich auf dem Schulhof der Bundeskanzlerin zu nähern. Die Polizei hatte direkt nach dem Vorfall verkündet, dass „die Kanzlerin zu keinem Zeitpunkt gefährdet“ gewesen sei. Dabei ist Bialke der Polizei schon vielfach aufgefallen. Ende November beginnt ein Prozess gegen ihn wegen Waffenbesitzes. Ein Ermittlungsverfahren wegen Sprengstoffbesitzes ist ebenfalls anhängig.

Zweimal hatte die Polizei die Wohnung des Mannes gestürmt. Dabei waren an Heiligabend 2006 ein Vorderlader und eine Schreckschusspistole beschlagnahmt worden. Diese Waffen sind zwar frei verkäuflich, jedoch hat die Polizei ein „Waffenverbot für den Einzelfall“ verhängt – möglich ist dies bei „psychisch kranken oder debilen Personen“ und bei Drogenabhängigen. Im Mai 2007 waren ein Sack mit 25 Kilo Kaliumnitrat und weitere Chemikalien bei Bialke sichergestellt worden, aus denen Sprengstoff hergestellt werden kann. Bei beiden Hausdurchsuchungen war die Spezialeinheit PMS (Politisch motivierte Straßengewalt) dabei.

Der 25-Jährige, der in der linken Szene ebenso bekannt wie umstritten ist, wollte Merkel nach eigenen Angaben nicht angreifen. „Ich bin zügig auf sie zugegangen, aber nicht gerannt“, behauptet Bialke. Ein bis zwei Meter vor Merkel sei er stehen geblieben, dann habe er „bedingungsloses Grundeinkommen für alle“ gerufen. Dann sei er sofort von Personenschützern der Polizei überwältigt und zu Boden geworfen worden. Nach wenigen Stunden in einer Polizeizelle war Bialke wieder entlassen worden, in der Tasche eine Anzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

„Beim Bush-Besuch haben sie mich schon weit im Vorfeld abgefangen“, erzählt der Politaktivist Bialke. Mit dem Stören von Veranstaltungen hat er Erfahrung. So war es ihm bei der von mehreren hundert Polizisten gesicherten Neonazidemo vor der Haftanstalt Tegel im Oktober 2006 gelungen, die Bühne der Nazis zu erklimmen und das Mischpult zu Boden zu werfen. „Leider ist es nicht kaputtgegangen“, sagte Roland Bialke gestern.

Gefeiert wurde er in der linken Szene dennoch nicht – weil Bialke auch in Internetforen der Neonazis mitdiskutiert, unter anderem mit diesem Eintrag: „Sprengstoff ist nicht teuer – um ein Flugzeug zum Absturz zu bringen, reichen 15 Euro.“ Eine Google-Suche nach „Roland Ionas Bialke“ ergibt 3500 Treffer. Sich selbst beschreibt er so: „Ich kämpfe als evolutionärer Soldat für einen zeitlich begrenzten Separatismus, dem ein kosmopolitischer Kommunismus folgen soll.“ An anderer Stelle preist er den „ultra-liberalen Satanismus“ und fordert Sprengstoffbesitz für alle.

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