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Auf dem autofreien Abschnitt der Friedrichstraße gibt es bislang viel Radverkehr.

© Carsten Koall/dpa

Update

Auch kein Fahrradverkehr mehr: Berliner Friedrichstraße soll reine Fußgängerzone werden

Der Radverkehr auf dem gesperrten Teil der Friedrichstraße soll verschwinden. Für Radfahrer soll es eine neue Route geben – erneut zulasten des Autoverkehrs.

Der gesperrte Teil der Friedrichstraße wird zu einer reinen Fußgängerzone umgestaltet. Das teilte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Donnerstag mit. „Der Verkehrsversuch hat erwiesen, dass der gelb markierte Fahrradstreifen die Fußgänger*innen daran hindert, den Raum so zu nutzen, wie wir es uns gewünscht haben“, erklärte sie.

Der Radverkehr, der bislang auf einem vier Meter breiten Radweg durch die Einkaufsstraße verläuft, soll stattdessen durch die parallel verlaufende Charlottenstraße geführt werden, wie Jan Thomsen, Sprecher der Verkehrsverwaltung, mitteilte. Dazu werde die Charlottenstraße zu einer Fahrradstraße umgestaltet.

Zugleich wird die Charlottenstraße für den Durchgangsverkehr mit Autos gesperrt. Zu erwarten ist, dass dies wie in anderen Fahrradstraßen durch ein System aus Einbahnstraßen für den Kfz-Verkehr geschieht, die in den Blockabschnitten immer abwechselnd in die andere Richtung führen. Autofahrer müssten in der Charlottenstraße dann an der jeweils nächsten Kreuzung wieder abbiegen. Diese Pläne seien bereits „im Vorrangnetz des Radverkehrsplans vorgesehen“, erklärte der Sprecher.

Damit bestätigt die Verkehrsverwaltung die zuvor durch einen Bericht der „Berliner Morgenpost“ bekannt gewordenen Pläne. Nach Tagesspiegel-Informationen hatte Jarasch das Vorhaben bei einem Treffen mit Vertretern des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), der Galeries Lafayette, dem Handelsverband Berlin-Brandenburg, der Industrie- und Handelskammer und des Vereins Die Mitte e.V. nach Tagesspiegel-Informationen geäußert.

Dass es zu einer Umgestaltung des gesperrten Abschnitts zwischen Französischer Straße und Leipziger Straße zugunsten der Fußgänger kommen würde, hatte sich bereits angedeutet. Der Bereich brauche „deutliche Veränderungen und Verbesserungen“, hatte Jarasch am Mittwoch im Mobilitätsausschuss des Abgeordnetenhauses erklärt. „Eine Flaniermeile bedeutet, dass Fußgängerinnen und Fußgänger Vorrang haben müssen“, sagte sie. In der aktuellen Situation sei dies nicht gewährleistet.

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"Die Idee einer 'Flaniermeile' mit dem Fußverkehr im Mittelpunkt hat so nicht funktioniert. Als problematisch hat sich insbesondere der breite Radweg in der Straßenmitte erwiesen", erklärte nun ein Sprecher Jaraschs.

Die Senatorin selbst verteidigte dennoch den vor zwei Jahren gestarteten Versuch mit dem als sogenannte "Safetylane" konzipierten Radweg, auf dem im Notfall auch Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr und Polizei fahren können: "Mobilitätswende gelingt nur, wenn wir offen sind fürs Ausprobieren – und dann aber auch konsequente Entscheidungen treffen. Das tun wir hier."

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Sobald die in der Verwaltungssprache Teileinziehung genannte, dauerhafte Herausnahme des Kfz-Verkehrs aus dem Abschnitt der Friedrichstraße genehmigt sei, werde der gelb-markierte Radweg sowie die Baustellenbaken an den Enden der Zone entfernt. So solle die Situation schon kurzfristig verbessert werden, teilte Thomsen mit. "Der Straßenraum ist dann neu nutzbar, ob für Gastronomie, für Sitzmöglichkeiten, für Begrünung – gemeinsam mit Bezirk und Anrainer*innen kann diese Zwischennutzung gestaltet und verändert werden."

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Über die langfristige Gestaltung solle im Rahmen eines Wettbewerbs unter Beteiligung von Anrainern, der Zivilgesellschaft und Verbänden entschieden werden. Entsprechend wird es allerdings bis zur fertigen Lösung einige Zeit dauern. "Ein genauer Zeitpunkt des Baubeginns steht daher noch nicht fest, sondern ist abhängig von den vorgelagerten Verfahren", so Thomsen.

Dass die Verwaltung dennoch an einer Sperrung der Straße für den Autoverkehr festhält, begründete der Sprecher mit den Ergebnissen der Befragung von Besuchern der Einkaufsmeile. "Es gibt eine sehr hohe Zufriedenheit von Passantinnen und Passanten mit der Aufenthaltsqualität in einer autofreien Friedrichstraße. So wünschen sich vier von fünf Befragten eine dauerhafte Sperrung für den motorisierten Verkehr", fasste er das Ergebnis der Auswertung zusammen.

Changing Cities: Verschwinden des Radwegs „bedauerlich“

Jarasch hatte bereits in dieser Woche angekündigt, am kommenden Montag, den 2. Mai, eine Bilanz des umstrittenen Verkehrsversuchs und ihr Konzept zur Umgestaltung der Friedrichstraße vorzustellen. Dabei sollten auch die parallel verlaufenden Straßen einbezogen werden, erklärte sie.

Dass der Radweg nun verschwindet, sei "bedauerlich", erklärte Stefan Lehmkühler, Aktivist bei Changing Cities und Erfinder der autofreien Friedrichstraße. "Die Safetylane ist erfolgreich, die Querungsmöglichkeit hat dadurch zugenommen." Auch sei es nicht zu Unfällen gekommen.

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Dennoch freue ihn, dass nun "endlich auch die Neugestaltung angegangen wird", sagte Lehmkühler. Er forderte, dass in der Einkaufsstraße dazu begrünt wird. "Das größte Problem ist, dass in der Friedrichstraße die Bäume fehlen, da muss etwas passieren."

In Anbetracht der Klimakrise sei "völlig klar, dass wir unsere Städte deutlich grüner machen müssen", so Lehmkühler. Dass das neue Konzept über die Friedrichstraße hinausgehe, begrüße er. Lehmkühler kündigte an, dass auch Changing Cities nun an einem erweiterten Konzept für diesen Teil der historischen Mitte arbeiten werde.

Handelsverband begrüßt neue Pläne

Zufrieden über das geplante Verschwinden des Radwegs aus der Friedrichstraße äußerte sich der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. "Wir haben vor dem Verkehrsversuch rechtzeitig auf die Probleme hingewiesen. Dazu gehörte, dass es unsinnig ist, die Fußgängerzone dadurch zu konterkarieren, dass man eine Fahrradschneise durchlegt." Verkehrssenatorin Jarasch unternehme "eine große Leistung", mit der "unglücklichen Hinterlassenschaft" ihrer Amtsvorgängerin Regine Günther (Grüne) umzugehen.

Nun brauche es jedoch ein größeres Konzept, so Busch-Petersen: "Wir müssen diesen ganzen Teil der Mitte unter Berücksichtigung der Interessen aller Verkehrsteilnehmer und Anlieger weiterentwickeln. Es ist sicherlich nicht zielführend, dass man die Straße zur Fahrradstraße macht, über die alle Parkhäuser zu erreichen sind", sagte er.

FDP befürchtet „Verkehrschaos“ in der Charlottenstraße

"Das Experiment 'Flaniermeile Friedrichstraße' ist gescheitert", konstatierte FDP-Verkehrspolitiker Felix Reifschneider. Auch die neuen Vorschläge ließen nichts Gutes erahnen. "Den Fahrradverkehr allein durch die Charlottenstraße zu lenken, macht es dem Autoverkehr noch schwieriger, durch Mitte zu kommen. So werden ein enormes Verkehrschaos und eine hohe Belastung für die Menschen, den Handel und die Gastronomie vor Ort bewusst in Kauf genommen."

Geprüft werden solle stattdessen, ob in Charlotten- und Glinkastraße gegenläufige Einbahnstraßen eingeführt werden können. Zudem müsse die Durchfahrt an der Britischen Botschaft in der Wilhelmstraße geöffnet werden. "So kann der Verkehrsfluss durch Berlins Mitte für unterschiedliche Anforderungen gut gesteuert werden", sagte Reifschneider.

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