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Berlin: Auf dem richtigen Weg

Die Bahn hat in Berlin ein Jahrhundertprojekt beendet. Am 28. Mai startet das Pilzkonzept und der Hauptbahnhof geht in Betrieb. Damit verändern sich die Wege – doch für viele heißt das erst mal: Suchen nach der besten Verbindung

Von Klaus Kurpjuweit Besser oder schlechter? Was der neue Fahrplan den Fahrgästen bringt, lässt sich nicht pauschal sagen. Die Bahn ist überzeugt, dass es für die meisten bessere – und damit schnellere – Verbindungen geben wird. Der Konzernbevollmächtigte in Berlin, Ingulf Leuschel, gibt aber auch zu, dass es zu Verschlechterungen kommen kann und Fahrgäste in Zukunft länger unterwegs sein werden als heute. Viele müssen sich ihre neuen Verbindungen erst noch suchen und vertraute Wege aufgeben.

Unstrittig ist, dass sich die Fahrzeiten zum großen Teil erheblich verkürzen, betrachtet man nur den Weg vom neuen Hauptbahnhof zum Ziel außerhalb der Stadt. Züge aus dem Norden und dem Süden Berlins müssen nicht mehr erst auf dem Außenring um die Stadt herum- und anschließend über die Stadtbahn ins Zentrum hineinfahren, um dann wieder über den Außenring die Fahrt fortzusetzen. Diese Züge können jetzt den direkten Weg über die neue Nord-Süd-Verbindung nehmen – im Regionalverkehr mit Stopps in Gesundbrunnen, Hauptbahnhof, Potsdamer Platz, Südkreuz, Lichterfelde-Ost und Teltow. Dafür sind die Bahnhöfe Spandau, Zoo, Friedrichstraße, Alexanderplatz und Ostbahnhof in diesen Relationen nur noch mit Umsteigen zu erreichen, was die Fahrtzeit verlängern kann.

Wer bisher zum Beispiel zum Bahnhof Friedrichstraße wollte, konnte die Station aus Jüterbog kommend umsteigefrei nach 67 Minuten erreichen. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) wirbt damit, dass Fahrgäste aus Jüterbog in Zukunft schon nach einer Fahrzeit von 45 Minuten im Zentrum der Stadt sein werden – nämlich am Hauptbahnhof. Wer weiter zur Friedrichstraße will, muss sechs bis zehn Minuten Fahrzeit dazurechnen, was in der Werbung verschwiegen wird.

Schneller ans Ziel kommt dagegen zum Beispiel ein Fahrgast aus Lichtenrade, der nach Chorin will. Bisher muss er mit der S-Bahn bis Bernau zuckeln und dort in den Regionalzug umsteigen. Fahrzeit: 1.39 oder auch 1.47 Stunden. In Zukunft muss der Fahrgast aus Lichtenrade mit der S-Bahn nur noch bis zum Bahnhof Südkreuz fahren, wo er in den schnellen Regionalexpress umsteigen kann, der durch den Nord-Süd-Tunnel fährt. Die Fahrt dauert dann nur noch 1.16 oder 1.24 Stunden.

Teilweise können völlig neue Wege auch zu fast gleichen Fahrzeiten führen. Zum Beispiel bei der Fahrt vom U-Bahnhof Schlossstraße in Steglitz nach Wismar. Heute führt die Fahrt mit der U-Bahn zum Bahnhof Zoo, wo es dann mit dem Regionalexpress weitergeht. Das Ziel ist nach 3.11 Stunden oder auch nach 3.35 Stunden erreicht. In Zukunft kann man mit dem Bus zum Potsdamer Platz fahren und dort in den Regionalexpress umsteigen.Diese Fahrt dauert 3.35 Stunden. Schneller geht es, wenn man mit der U-Bahn bis Jungfernheide fährt und dort die Fahrt im Regionalexpress fortsetzt. Dann ist man in 3.11 Stunden in der Hansestadt.

Ähnlich sieht es aus, wenn man vom Ostbahnhof nach Lutherstadt Wittenberg will. Heute geht’s direkt in 56 Minuten. In Zukunft muss man zwar erst mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof fahren, doch dann geht es mit dem Regionalexpress fix durch den Tunnel weiter. Die Fahrzeit verlängert sich insgesamt nur um acht Minuten.

Fahrten mit Umsteigen können in Zukunft auch schneller sein als heutige Direktverbindungen. So dauert bisher die Fahrt vom Bahnhof Friedrichstraße nach Stralsund 3.23 Stunden. In Zukunft lässt sich die Stadt an der Ostsee bereits in 2.54 Stunden erreichen, obwohl man erst mit der S-Bahn bis Gesundbrunnen fahren muss, wo es dann mit dem Regionalexpress weitergeht.

Im Regionalverkehr verkürzen sich durch die neuen Strecken und Bahnhöfe die Fahrzeiten häufig, bestätigt auch der Bahnkunden-Verband. Die Vielzahl der neuen Möglichkeiten lässt aber keine generelle Bewertung zu. Es kann möglich sein, dass man von seinem Startort ein Ziel schneller als heute erreichen wird, zu einem anderen aber erheblich länger brauchen wird. Ausprobieren müssen es die Fahrgäste am Ende wohl selbst.

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