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Berlin: Auf die Dosis kommt es an

Schwermetalle im Fisch, Pestizide im Obst – was kann man denn noch essen? Keine Panik, sagen Fachleute. Krankmacher kommen nicht auf den Markt

Er ist eine gefragte Delikatesse. Sein festes, mageres Fleisch eignet sich bestens als Grillsteak – doch die kulinarische Freude am Schwertfisch wird immer dann getrübt, wenn die neuesten Untersuchungen zum Gehalt von Quecksilber in Fischen auf den Tisch kommen. Denn bei Schwertfisch, Hai, Thunfisch und anderen genießbaren Raubfischen aus den Weltmeeren werden die zulässigen Höchstmengen des nervenschädigenden Schwermetalles weitaus häufiger überschritten als bei anderen Fischen. Schwangere und Kleinkinder sollten deshalb auf diese Arten besser verzichten, rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) – und es liegt dabei auf einer Linie mit den internationalen Gesundheitsorganisationen wie beispielsweise „Children’s Health“ in Kanada. „Völlig übertrieben“ sind aus Sicht des BfR aber Warnungen wie die der Tierschutzorganisation Peta vor dem „Tod aus Meerestiefen“, die so generell von Fischverzehr abrät.

„Das schürt beim Verbraucher nur unnötige Ängste“, sagt Institutssprecher Jürgen Thier-Kundke. Man müsse bei Schwermetallbelastungen wie auch bei anderen Kontaminationen – etwa durch Pestizide – „sehr genau hinschauen und die Dinge differenziert bewerten“. So ist der Gehalt an Quecksilber bei Fischen vom Alter und der Ernährungsweise abhängig. Die Tiere nehmen das Gift, das mit Industrieabfällen in die Meere geschwemmt wird, durch den Verzehr von Kleinstlebewesen auf. Jüngere Exemplare, die überwiegend in den Handel kommen, sind folglich gering belastet. Nur jede hunderste Probe liegt hier über dem Höchstwert. Bei älteren Exemplaren trifft dies etwa auf jede vierte Probe zu. Ebenso bei Raubfischen, weil diese am Ende der Nahrungskette stehen. Sind Höchstwerte von Schadstoffen überschritten, „muss man nicht gleich um seine Gesundheit fürchten“, sagt Professor Ralf Stahlmann, Toxikologie an der Freien Universität. Solche Werte würden „sehr niedrig“ angesetzt, mit „großen Sicherheitspuffern“. Eine wichtige Orientierung ist die sogenannte „vertretbare Tages- oder Wochendosis“. Dieser Grenzwert legt fest, in welchen Mengen eine Substanz ohne nennenswertes gesundheitliches Risiko ein Leben lang aufgenommen und angereichert werden kann.

Als Beispiel taugt Aluminium in Fruchtsäften. Das knochenschädigende Metall kann über Aluminiumtanks in die Säfte gelangen. In manchen Mostereien sind sie noch statt Edelstahlbehältern in Gebrauch. Als unbedenklich gilt eine wöchentliche Aufnahme von einem Mikrogramm Aluminium pro Kilo Körpergewicht. Auf das durchschnittliche Gewicht eines Erwachsenen hochgerechnet wird in der Europäischen Union (EU) ein Gehalt von acht Milligramm pro Liter Fruchtsaft bei Erwachsenen noch als ausreichend sicher angesehen. Bei Kindern sollten hingegen zwei Milligramm pro Liter nicht überschritten werden.

2009 untersuchten die Behörden 151 Säfte aus Brandenburg, dabei lagen die Ergebnisse in 19 Fällen über der Acht-Milligramm-Grenze. Das ergibt eine Beanstandungsquote von 15 Prozent.

Dennoch ist diese Art der Kontamination kaum bekannt. Viel mehr Wellen schlug die heftige Debatte über Pflanzenschutzmittel. Tatsächlich habe sich aber gerade die Situation bei Pestizidrückständen nachweislich entspannt, heißt es im Bundesinstitut für Risikobewertung. So untersuchte das Landeslabor Berlin-Brandenburg 2009 insgesamt 1642 Obst- und Gemüseproben. 48 mal gab es Beanstandungen, das entspricht einer Quote von 2,9 Prozent.

Zur Sicherheit trägt auch bei, dass die Grenzwerte heute für die gesamte Europäische Union einheitlich festgesetzt werden und diese Auflagen gleichermaßen strikt für alle Einfuhren aus Nicht-EU-Ländern gelten – also auch für Trauben aus Argentinien oder Tomaten aus Marokko. Das setzt die Importeure unter Zugzwang, denn in etlichen überseeischen Ländern gelten weniger strenge Höchstwerte. Außerdem sind noch Pestizide zugelassen, die in Europa auf dem Index stehen.

In Südafrika darf Weinen beispielsweise das hierzulande verbotene Antipilzmittel Natamycin zugesetzt werden – außer, sie gehen in den Export. Für argentinische Weine gab es 2009 bundesweite Verkaufsverbote, nachdem in einigen Chargen Natamycin festgestellt wurde.

Solche Verstöße spürt auch das „Landeslabor Berlin-Brandenburg“ (LLBB) an der Invalidenstraße in Mitte auf. Es gehört zum doppelt gespannten Sicherheitsnetz der Lebensmittelüberwachung. Zum einen haben die Bundesländer eigene Landeslabore, die kontinuierlich Proben untersuchen. Zum anderen ist der Groß- und Einzelhandel gesetzlich verpflichtet, sein Obst und Gemüse von unabhängigen Lebensmittelchemikern stichprobenartig kontrollieren zu lassen oder schon zertifizierte Ware einzukaufen. „Zusammengenommen ist das ein gutes Schutzschild“, sagt Maren Fischer vom LLBB. So wurden 2009 wiederholt Birnen aus der Türkei zurückgewiesen, die Amitraz enthielten, ein in der EU verbotenes Pestizid.

Wer auf seinen Körper achten will, so die Sicht der staatlichen Institute, sollte eine „gesunde Mischkost“ essen, die Angst vor Schadstoffen klein halten und lieber eines vermeiden: Übergewicht.

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