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Berlin: Auf Messers Schneide

Brandenburger verteidigt Meistertitel im Kartoffelschälen. Kritiker bemängeln verzerrten Wettbewerb

Die Messer sind gewetzt, die Knollen gewaschen, die Stimmung in Halle 20 auf dem Siedepunkt: Beim Einzug der Kandidaten zur Kartoffelschäl-Meisterschaft 2006 johlen vor allem die Brandenburger – doch wird es Titus Dickson wirklich gelingen, seinem Bundesland den dritten Sieg in Folge zu holen? Der Profi-Schäler, der sein Handwerk im brandenburgischen Gasthaus „Zur Linde“ erlernt hat, zeigt sich kurz vor dem Startschuss zuversichtlich: Breit grinsend schwenkt Dickson seinen Kartoffelschäler in die Kameras. Doch auch andere Länder haben hochmotivierte Schältalente ins Rennen geschickt: Norma Laugsch aus Hessen etwa, der Beobachter große Chancen auf den „Tolle-Knolle“-Pokal einräumen. Oder die Niedersächsin Martina Bocklage, die mit immerhin 6800 Gramm in zehn Minuten den Bundesschälrekord hält.

Sekunden später fliegen die Schalen: 14 Kandidaten jagen blitzende Klingen über das braungelbe Rund ihrer Kartoffeln (Sorte „Vineta“, vorwiegend festkochend). Nach nur drei Minuten beendet der Schlusspfiff die erste Runde: Schnell sind die Ergebnisse ausgewogen, die drei Finalisten stehen fest: Daniela Opitz aus Thüringen (1690 Gramm), die Berlinerin Christine Gerst (1730 Gramm) – und natürlich Titus „Potatoe“ Dickson mit satten 2110 Gramm.

Große Enttäuschung unter den hessischen Fans: Hoffnungsträgerin Norma Laugsch scheidet mit mageren 1300 Gramm aus dem Rennen und trägt zudem eine Schälverletzung am Handballen davon. Für ihr schlechtes Abschneiden macht die Sportlerin den Einsatz von Kartoffelschälern verantwortlich: „Mit Messern bin ich einfach besser.“ Niedergeschlagen auch die Niedersachsen: Kandidatin Martina Bocklage verfehlt den Einzug ins Finale um zehn Gramm! Bocklages Ehemann Klaus, der im Publikum eifrig Spielstände notiert, denkt nach der Niederlage seiner Gattin über eine Regelbeschwerde nach: „Die Schäler hier in Berlin sind einfach viel zu schmal“, bemängelt der Kartoffelkenner. Ohnehin sei die Grüne-Woche-Meisterschaft „nur eine Werbeveranstaltung“, so Bocklage: Der echte deutsche Titel werde seit neun Jahren im niedersächsischen Ort Löningen vergeben – und dort sei seine Gattin Meisterin. Die zweite Runde bleibt ohne Überraschungen: Erneut liegt Titus Dickson ein gutes Pfund vor seinen Ko-Finalistinnen und bekommt von Brandenburgs Agrarminister Dietmar Woidke die „Tolle Knolle“ in Gold überreicht. Mitstreiterin Norma Laugsch nimmt die Niederlage sportlich: „Der Mann macht seit 15 Jahren nichts anderes – klar, dass er gut ist.“

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