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Auszeichnung: Ehrenwerte Widerworte

Vor einem Jahr hatte er im Potsdamer Rathaus eine veritable Krise ausgelöst, die bundesweit Schlagzeilen machte – gestern Abend ist Günther Jauch für seine damalige Brandrede gegen die Willkür-Praxis der Potsdamer Bau- und Denkmalbehörde ausgezeichnet worden.

Der 51-jährige Fernsehjournalist erhielt vor zweihundert hochkarätigen Gästen in Berlin den mit 100 000 Euro dotierten „Werner-Bonhoff-Preis wider den Paragraphen-Dschungel“ der gleichnamigen Stiftung, die sich für Bürokratieabbau in der Bundesrepublik engagiert. Es ist der am höchsten dotierte deutsche Wirtschaftspreis.

Jauch kündigte in seiner Dankesrede an, das Preisgeld für soziale Projekte in Potsdam zu spenden. Er wolle unter anderem „alle laufenden Kosten“ einer „Arche“ für bedürftige Jugendliche übernehmen, die im Potsdamer Brennpunktstadtteil Drewitz nach Vorbild von Berlin-Hellersdorf entstehen soll, so Jauch, der sich bislang in Potsdam vor allem als Mäzen für bedrohte Baudenkmäler engagierte. Er habe lange „in Steine investiert, und das war auch gut und richtig“. Jetzt aber wolle er in Potsdam „in Köpfe, in Menschen investieren“.

In seiner Rede dankte er Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), dass er die Kritik „nicht auf sich beruhen“ ließ, sich „nicht weggeduckt“ habe, sondern Konsequenzen zog. Er habe sich damit trotz der nahen Kommunalwahl „in die politische Schusslinie“ gebracht, sagte Jauch in Anspielung auf die starke Linkspartei im Potsdamer Stadtparlament. Seitdem hätten sich Verhältnisse im Rathaus gebessert, sei die Verwaltung bürger- und investorenfreundlicher geworden.

Jauch habe mit seinem Aufbegehren gegen Behördenwillkür vor einem Jahr einen „Dienst an der Allgemeinheit“ geleistet, so Gunnar Folke Schuppert, Professor für Staats- und Verwaltungswissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität. Jakobs, der die Laudatio hielt, dankte Jauch für seine Anstöße, nach denen im Rathaus umfassende Konsequenzen gezogen worden seien. Als erste Kommune bundesweit habe Potsdam etwa eine „Clearingstelle“ für strittige Auseinandersetzungen um Investitionen eingerichtet, die es in der Unesco-Welterbestadt häufig gibt.

Jauch hatte den Potsdamer Bau- und Denkmalbehörden im März 2007 öffentlich Ungleichbehandlung vorgeworfen. Jakobs setzte den Berliner Verwaltungsrechtler Ulrich Battis ein, um Bau- und Denkmalamt zu untersuchen. Der Battis-Untersuchungsbericht bestätigte später Jauchs Kritik. (thm/sch)

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