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Foto: dpa/Schuh

© dpa

Berlin: Baby lebend aus fünftem Stock geworfen Als tatverdächtig gilt der Lebensgefährte der Mutter

44-Jähriger ist wegen Totschlags polizeibekannt

Die Spuren im Innenhof waren deutlich. Der 67-jährige Dieter Herde zögerte keine Sekunde, um mit seinem Mobiltelefon die Polizei zu alarmieren. So schilderte der Mieter aus einem Haus am Spandauer Damm in Charlottenburg jenen Moment, als er das tote Baby fand. Kurz vor 8.30 Uhr hatte der Mann seine Wohnung im sechsten Stock verlassen, um Müll runterzubringen und Schrippen auf der anderen Straßenseite zu kaufen, so wie an jedem Sonntagmorgen. Auf dem Weg zu den Mülltonnen fand er auf dem Asphalt, nur einen Meter von der Hauswand im Hof entfernt, das Baby. Der kleine Körper war nur notdürftig in Tücher und eine Tüte eingehüllt, Arme und Beine ragten heraus. Nur drei Minuten später war die Polizei da, schnell bestätigte sich Herdes Vermutung zur Gewissheit: Der kleine Junge war tot.

Lange musste die Polizei nicht ermitteln: An der Tür der Wohnung, die genau unter der von Dieter Herde liegt, fanden sich Blutspuren. Da eine Abfrage im Polizeicomputer ergab, dass der dort gemeldete Mann wegen mehrerer schwerer Gewalttaten bekannt ist, wurde das Spezialeinsatzkommando gerufen. Es öffnete die Tür gewaltsam. Die in der Wohnung angetroffenen Personen, der 44-Jährige, eine 40-jährige Frau und deren 15-jährige Tochter, wurden von der Polizei mitgenommen.

Die 40-Jährige gab an, das Kind in der Nacht geboren zu haben. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht und kam nach der Untersuchung zur Vernehmung bei der Mordkommission in der Tiergartener Keithstraße. Aufgrund seiner Vorgeschichte gilt vor allem der Mann als tatverdächtig, hieß es bei der Polizei. Er soll 2003 einen Totschlag begangen haben, 2009 war er zweimal wegen Kindesmisshandlung angezeigt worden. Ob dabei die heute 15-Jährige eine Rolle spielte, konnte die Polizei am Sonntag noch nicht sagen. Der 44-Jährige ist Deutschamerikaner, ging im fränkischen Bad Windsheim zur Schule, ist geschieden und arbeitet als Kfz-Schlosser, wie er unter anderem auf Facebook angibt. Ob er der Vater des toten Jungen ist, war am Sonntag noch unklar.

Wie die Obduktion des kleinen Leichnams ergab, war der Junge lebend geboren worden und erst durch den Sturz aus dem Fenster gestorben. Den Fall hat die 6. Mordkommission übernommen. Das Fenster, aus dem das Kind geworfen wurde, liegt direkt über dem Fundort. Dem Vernehmen nach hatte sich die Familie auf das Baby vorbereitet, in der Wohnung fand die Polizei unter anderem vor kurzem gekaufte Windeln. In der Wohnung lebte auch ein Rottweilermischling, der erst mittags von Tierfängern des Bezirksamtes Lichtenberg aus der Wohnung geholt werden konnte.

Der Tatort liegt in unmittelbarer Nähe der Schlosspark-Klinik. Sie gehört nicht zu den vier Krankenhäusern in Berlin, die eine Babyklappe anbieten.

Eine ähnlich grausige Kindstötung hatte es zuletzt Weihnachten 2010 gegeben. Ebenfalls in Charlottenburg hatte eine 20-Jährige ihr Neugeborenes aus dem Fenster geworfen. Es war zwar lebend im Schnee gefunden worden, jedoch Stunden später im Krankenhaus an Unterkühlung gestorben. Die in Berlin als Prostituierte arbeitende Mutter wurde im Sommer zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Sie habe sich in einer „extremen Ausnahmesituation“ befunden, befand das Gericht.

Vor zwei Jahren war in Wilmersdorf ein totes Baby in einem Altkleidercontainer entdeckt worden. Die Mutter war damals zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Sie hatte bereits Jahre zuvor schon einmal versucht, ein Neugeborenes zu töten.

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