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BERLIN Bücher: Aber bitte mit Curry!

Es gibt Pragmatiker, die die Currywurst als das nehmen, was sie nun mal ist: ein schnelles, nicht unbedingt gesundes, meist köstliches Gericht, das vor allem in Berlin heimisch ist. Da es sich aber nicht nur um eine Wurst, sondern ein Kultobjekt handelt, wurde in den Jahrzehnten seit ihrer Erfindung allerhand Metzgerlatein um sie herumgesponnen – viel ist von unglaublich geheimen Rezepten die Rede, und die Kardinalfrage „Mit oder ohne Darm?

Es gibt Pragmatiker, die die Currywurst als das nehmen, was sie nun mal ist: ein schnelles, nicht unbedingt gesundes, meist köstliches Gericht, das vor allem in Berlin heimisch ist. Da es sich aber nicht nur um eine Wurst, sondern ein Kultobjekt handelt, wurde in den Jahrzehnten seit ihrer Erfindung allerhand Metzgerlatein um sie herumgesponnen – viel ist von unglaublich geheimen Rezepten die Rede, und die Kardinalfrage „Mit oder ohne Darm?“ löst, an der falschen Stelle formuliert, sofort verspätete Ost-West-Kriege aus. Wer davon noch nicht satt ist, der kann sich jetzt auf eine sachkundig recherchierte Lektüre berufen, die jede noch so entlegene Frage beantwortet: Die Berliner Kulturautorin Petra Boden hat sich tagelang in die Dunstwolken der bekanntesten Currywurstbuden gestellt und dabei für ihr Buch „Die Berliner Currywurst“ mehr Details protokolliert, als vermutlich irgendjemand wissen will. Die Auswahl der Imbisse ist jedenfalls keine Geheimwissenschaft, sondern folgt allgemeingültigen Erkenntnissen: Konnopke, Krasselt’s, Curry 195, Curry 36. Und so, wie die Wurst – hoffentlich – aus Fleisch besteht, besteht das Buch überwiegend aus Anekdoten, die sich am Tresen so ergeben haben. Aber auch die Geschichte der vier Familienbetriebe kommt nicht zu kurz. Es ist am Beispiel Konnopke einiges über Ost-Berliner Essgeschichte zu erfahren, und auch die etwas verworrene Frage, wer das Ding denn nun erfunden habe, wird der Klärung ein wenig näher gebracht: Die gelernte Putzmacherin Herta Heuwer setzte sich an einem Regentag im Jahr 1949 hin, um die Ketchup-Sauce nachzumachen, die ihr Mann aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft mitgebracht hatte – zehn Jahre später war sie fertig und ließ sich die Schriftbildmarke „Chillup-Sauce“ beim Patentamt schützen. Kein Patent, nur ein Warenzeichen. Der Rest ist Stadtgeschichte. Das Buch ist ein wenig brav geschrieben, ein wenig mehr Schärfe hätte nicht geschadet, aber es ist mit ihm wie mit der Wurst: Der Appetit kommt beim Essen. Das Anfertigen weiterer Currywurst-Literatur hat sich damit jedenfalls erledigt. Bernd Matthies











Petra Boden
: Die Berliner Currywurst. be.bra Verlag, Berlin. 224 Seiten, etwa 50 Abbildungen, 14 Euro.

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