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Auch Kanzlerin Angela Merkel hat ein Faible für Drehorte, wie sie beim Besuch auf der Glienicker Brücke am Set von Steven Spielbergs „Bridge of Spies“ zeigte. Tom Hanks (rechts) hat’s gefreut.

© Bergmann/dpa

Drehorte: Berlin für Setjetter

Im Film werden Drehorte oft verlegt. Da kann die Berliner Mauer auch mal an den Tiergarten wandern. Ein neues Buch über die Filmlandschaft führt zu den schönsten Drehorten in Berlin.

Diesmal hatte doch jemand die Absicht, eine Mauer zu bauen, scheinbar solide gemauert, oben mit Stacheldraht bewehrt, überraschenderweise aber nicht an der Sektorengrenze errichtet, vielmehr an der Graf-Spee-Straße in Tiergarten, der heutigen Hiroshimastraße.

Auch ein zweisprachiges Warnschild wurde aufgestellt, um Missverständnissen oder überflüssigen Fluchtversuchen vorzubeugen: „This is not the real Berlin Wall (...) Diese Mauer ist für den Film ,Tunnel 28‘“. Möglich, dass dieses Schild vor allem der Werbung dienen sollte, Reklame für den 1962 von Robert Siodmak gedrehten Film „Escape from East Berlin“, wie Autorin Nadin Wildt in ihrem rechtzeitig zur Berlinale veröffentlichten Buch „Filmlandschaft Berlin. Großstadtfilme und ihre Drehorte“ vermutet.

Der Film gründet auf einer tatsächlichen Geschichte, der Tunnelflucht von 28 Menschen von Glienicke nach West-Berlin am 24. Januar 1962, trifft sich darin also mit Steven Spielbergs „Bridge of Spies“, der seinen Stoff im ersten Austausch von Spionen auf der Glienicker Brücke am 10. Februar 1962 fand.

Kurzporträts ergänzen die Sammlung

Das sind nur zwei von rund 60 Berlin-Filmen, die in dem Buch vorgestellt werden und das bedeutet vor allem: nach ihren wichtigsten Drehorten der Stadt zugeordnet werden. Das reicht von Walter Ruttmans „Berlin – die Sinfonie der GroßStadt“ (1927) und Thomas Schadts Neuinterpretation „Berlin: Sinfonie einer Großstadt“ (2002) bis zu Sebastian Schippers „Victoria“ (2015), einige Filme zusammengebunden in Kapiteln wie „Agentenfilme“ oder „Berlin im Studio“.

Das Ergebnis ist ein Nachschlagewerk „der schönsten Berlin-Filme vor Ort“, mit knappen Angaben zu Inhalt und Hintergründen der Entstehung, mit gut recherchierten Angaben zu den wichtigsten Drehorten und den dort entstandenen Szenen, illustriert durch Szenenbilder und Fotos der Drehorte in ihrer aktuellen, meist nicht wiederzuerkennenden Gestalt. Ergänzt wird dies durch Kurzporträts wichtiger Berliner Filmgrößen und Nebenkapitel zu den Cineastenhochburgen Berlin und Potsdam mit ihren Museen, Ausbildungsstätten, Festivals.

Ein Buch zum Stöbern

Lexikalische Lückenlosigkeit darf man freilich nicht erwarten. Ohne Weiteres hätten sich weitere Filme finden lassen, die mindestens so viel Anrecht auf Aufnahme ins Buch gehabt hätten wie die dort aufgeführten. So ist als einziger in der NS-Zeit gedrehter Film nur Leni Riefenstahls Zweiteiler „Olympia“ vertreten, Helmut Käutners „Unter den Brücken“, 1944 gedreht, zwei Jahre später uraufgeführt, fehlt leider.

Auch hätte zum Kapitel „Berlin incognito“ mit in Berlin gedrehten, doch ganz woanders, etwa wie „Die Blechtrommel“ in Danzig spielenden Filmen sehr gut sein Gegenstück gepasst: Berlin-Filme, die beispielsweise in Hamburg entstanden wie Käutners „Der Hauptmann von Köpenick“ oder „Der Spion, der aus der Kälte kam“, mit in Dublin gedrehten Mauerszenen, was im Buch im Agentenfilm-Kapitel immerhin kurz erwähnt wird.

Gleichwohl ist es ein Buch, das die Filmstadt, das „Berlin für Setjetter“, sehr brauchbar präsentiert, nicht notwendig in einem Rutsch von der ersten bis zur letzten Seite durchzulesen, eher ein Werk, um darin herumzustöbern, zu diesem Film vor-, zu jenem zurückzuspringen – und dabei vielleicht auf ein längst vergessenes Kleinod stoßen, das man sich in der Videothek dringend mal wieder ausleihen sollte.

Nadin Wildt: Filmlandschaft Berlin. Großstadtfilme und ihre Drehorte. Berlin Story Verlag, 128 Seiten, 160 Abbildungen, 19,95 Euro

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