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Darf's dazu ein bisschen Marmelade sein? Im Bundestag gibt es Ärger ums Brot.

© dpa

Berlin-Glosse: Je suis Baguette

Wenn 33000 Brandmelder in den Bundestagsbüros 8000 Parlamentsangestellte bewachen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Trotzdem wird die Lust am Gute-Laune-Toast zum Risikofaktor für Häuser in der Bannmeile - und sogar für Fußballfans. Eine Glosse.

In einem freien Land, und so viele freie kennen wir auch wieder nicht, steht es dem Bürger an, gut gelaunt aufzustehen. Falls Volksvertreter, die uns alle gern ein positives Beispiel geben, doch mal muffelig ihre Schicht antreten, dürfen sie und ihr Tross, 8000 Personen insgesamt, deshalb zur Ausschüttung von Neurotransmittern maßvolles Kohlenhydrat-Doping einsetzen. Das hat der oberste Bundestags-Brandschützer Markus Klose wohl nicht gewusst. Er beschäftigt 33 000 Brandmelder und verbietet nun dem Parlaments-Personal das Rösten, weil die dafür eingeschmuggelten Apparate oft Rauchalarm auslösen. Die Vorschrift erlaube im Bannkreis diverse, privat mitgebrachte Maschinchen: aber keine Toaster! Herr Klose, möchten wir da sagen, unsere Welt ist nicht nur Schwarz und Weiß wie ein angekokeltes Siewissenschon! Einerseits verehrt die Volksseele den TV-Kultstar Bernd, das depressive weiße Kastenbrot – andererseits drückt sie mit ihrem Volksmund durch das Idiom „dumm wie ungetoastetes Toastbrot“ tiefe Geringschätzung aus. Für solche Ambivalenz müssten Menschen, die in der Politik ihre Brötchen verdienen, eigentlich etwas Verständnis aufbringen.

Wir jedenfalls gehen der Sache nach. Erste Feldforschungen zeigen, wie an der Basis Lösungen für den schwierigen Tagesauftakt gesucht werden. Besonders kreativ agieren Fußballfans, deren Mannschaftsbindung den Loyalitäten des Parteiensystems ungefähr entspricht. Eine Familie berichtet, dass der legendäre Hertha-Toaster seine Aufgabe, den Vereinsnamen einzubrennen, just verweigerte, als es auf der Tabelle abwärtsging. Eine andere hat dagegen noch Krisenmanagement zu lernen, wenn der Dortmund-Fan im Morgengrauen den Borussen-Toaster anwirft und sein Bruder (Bayern-Fan) beim finalen Erklingen der nicht-ausknipsbaren Borussen-Hymne Brechreiz simuliert: worauf die Mutter zur Frühstücksrettung bei Bauhaus einen Ausschaltstecker kaufen muss. Da unsere Parlamentsbüros, wenn man einer Hausmitteilung des Souveräns Glauben schenkt, vor allem durch unbeachtet vor sich hin schmurgelnde Geräte gefährdet sind, könnten entsprechende Aufregermodelle ("CDU" wird schwarz in die Scheibe eingebrutzelt, zum Sound von „Tage wie diese“) die Sicherheit und die Stimmung des Hohen Hauses steigern. Zugunsten von Herrn Klose soll an dieser Stelle allerdings auch die Jury des Grimme-Preises zitiert werden, den Bernd, das ungetoastete Grundnahrungmittel, bereits im Jahr 2004 erhalten hat, mit der Begründung: „weil es das Recht auf schlechte Laune vertritt“. Je suis baguette! – Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.

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