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Update

Berlin-Hellersdorf: Flüchtlingsfamilie: Amt trägt Kosten für Beerdigung des Babys

Ihr Kind starb kurz nach der Geburt. Die Familie bat beim LAF um Kostenübernahme und wurde abgewiesen. Nach einem Checkpoint-Bericht ging es nun ganz schnell.

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Das Kind kam am 24. Dezember zur Welt, zwei Stunden danach war der Junge gestorben. Doch bis heute – mehr als einen Monat danach – konnten die Eltern ihn nicht beerdigen. Die Eltern, der 37-jährige Mann und seine 32-jährige Frau, sind Geflüchtete aus Afghanistan. Sie leben seit einigen Jahren in Deutschland mit ihren beiden Töchtern in einer Gemeinschaftsunterkunft in Hellersdorf.

Rückblick: Im Januar gehen sie zum Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), um einen Antrag auf Kostenübernahme für die Bestattung zu stellen. Sie haben ein Schreiben ihrer Sozialarbeiterin aus der Unterkunft dabei. Denn ohne Kostenübernahme können sie ihr Kind nicht bestatten. Beim LAF legen sie das Schreiben vor, werden aber abgewiesen. Sie bekommen nur die Auskunft: Das Paar habe doch in zweieinhalb Wochen ihren regulären Termin, dann könne es ja den Antrag stellen. Die Eltern werden nach Hause geschickt. Am Dienstag sollen sie wiederkommen. Dann ist ihr Kind einen Monat und fünf Tage tot.

Leichnam des Kindes liegt noch in der Klinik

So berichten es gleich zwei Seiten, die mit dem Fall vertraut sind. Gottfried Martens, Pfarrer der evangelisch-lutherischen Dreieinigkeits-Gemeinde in Berlin-Steglitz, in der sich die Familie engangiert. Am Sonntagabend besuchte der Pfarrer die Eltern und war danach verbittert: „Man kann wahrscheinlich noch dankbar sein, dass das LAF die Familie nicht an den Tierfriedhof verwiesen hat, so sieht die ,Luxusbehandlung von Flüchtlingen‘ in der Realität aus.“

Auch eine Bestatterin steht in Kontakt mit der Familie. „Der Friedhof in Spandau besteht darauf, dass erst eine Kostenübernahme bescheinigt wird“, sagt Brigitte Gilli. Über das Verhalten des LAF sagt sie: „Ohne Worte, wie da mit Menschen umgegangen wird.“ Der Leichnam des Kindes liege noch in der Klinik. Es ist nicht der erste Fall: Vor zwei Jahren hatte die Familie schon einmal ein  Kind verloren, es dauerte acht Monate, bis die Behörde die Kosten für die Bestattung überwiesen hat.

Auch Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) hat von dem ganzen Vorgang erfahren – am Montagmorgen im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint. Die Senatorin sei „völlig entsetzt“ gewesen und habe sofort mit dem LAF-Präsidenten Alexander Straßmeir telefoniert, sagte eine Sprecherin. Breitbach und Straßmeir hätten verabredet, dass der Vorgang „ganz genau untersucht und aufgeklärt“ werden soll. „Es sind Fehler passiert. Es müssen Wege gefunden werden, dass so etwas nicht mehr passiert“, sagte die Sprecherin der Senatssozialverwaltung. Bei solch einem tragischen Fall müsse schnell gehandelt werden. Falls die Familie dazu bereit sei, soll auch noch eine persönliche Entschuldigung durch das LAF erfolgen.

LAF gesteht Fehler ein

Offiziell kann die Behörde ihr Versagen nicht bestätigen – gesteht aber Fehler ein. LAF-Sprecher Sascha Langenbach sagte: „Wir können nicht ausschließen, dass es hier ein Kommunikationsproblem gegeben hat, und möchten uns in aller Form bei der betroffenen Familie entschuldigen.“ Der Vorfall entspreche keinesfalls der angemessenen Art des Umgangs mit einer trauernden Familie. Die Sache scheine irgendwo liegengeblieben zu sein. Die Kosten für das Begräbnis würden übernommen. „Wir werden alle unsere Mitarbeiter, die mit einem solchen Fall konfrontiert sein könnten, noch einmal intensiv unterrichten und sensibilisieren.“

Und während der Staat – in Form des LAF – sich bei der Kostenübernahme Zeit ließ, lief die üblichen Bürokratie weiter. Einige Tage nachdem das Kind gestorben war, bekam die Familie Post, wie Pfarrer Gottfried Martens berichtet. Es war die Steueridentifikationsnummer für den Sohn, die sorgfältig aufbewahrt werden müsse. Weil sie ein Leben lang gilt.

Am Ende hat sich am Montag doch etwas bewegt: Bestatterin Brigitte Gilli bekam am Nachmittag eine E-Mail vom LAF: Die Bescheinigung für die Kostenübernahme. Besonders bitter: Die habe dem LAF schon seit vergangenen Donnerstag vorgelegen, sagt Sprecher Langenbach. Das Gesundheitsamt Marzahn-Hellersdorf habe an diesem Tag um Kostenübernahme gebeten. Die Familie sei aber nicht informiert worden.

Das amtliche Datum auf dem Kostenübernahme-Bescheid lautet aber laut Bestatterin: Montag, 28. Januar 2019.

Zuerst hatte der Checkpoint über die Geschichte berichtet. Den täglichen Berlin-Newsletter von Lorenz Maroldt und seinem Team können Sie kostenlos abonnieren unter: checkpoint.tagesspiegel.de

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