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Körting

© Wolff

Berlin: Körting rudert zurück: Alles nur ein Missverständnis

Innensenator Ehrhart Körting will die Klage über zu lasche Richter nicht auf Berlin bezogen haben. Verglichen mit dem Bundesgebiet sei in der Stadt einiges besser, heißt es nun.

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Alles nicht so gemeint? Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bemühte sich gestern um Schadensbegrenzung. Am Sonnabend hatte ein Interview, das er dem Nachrichtenmagazin „Focus“ gegeben hatte, viel Empörung bei Berliner Richtern und Politikern ausgelöst. Darin hatte Körting die Justiz mitverantwortlich für den Anstieg der Gewalt bei jugendlichen Migranten gemacht. „Das stimmt nur teilweise“, sagte der Innensenator gestern dem Tagesspiegel: „Ich habe nicht gesagt, dass für die Gewaltmisere auch Allesversteher und -verzeiher unter den Richtern mitverantwortlich sind, sondern im Gegenteil: Ich sagte, dass die Zeit der Allesversteher und -verzeiher in Berlin glücklicherweise vorbei ist.“ Am Sonnabend hatte der Sprecher der Innenverwaltung gegenüber dem Tagesspiegel ausdrücklich die Äußerungen als korrekt zitiert bezeichnet.

Nun will Körting seine Aussagen auf ganz Deutschland bezogen haben. In Berlin zeigten schon die härteren Strafen für Steinewerfer bei den 1.Mai-Krawallen, dass sich im Bewusstsein der Richter vieles gewandelt habe. Die Kritik, wonach die Richter bei 18-jährigen Straftätern viel zu oft Jugendstrafrecht anwenden würden, habe sich ebenfalls auf bundesrepublikanische Zustände bezogen, stellte Körting klar: „In Berlin werden rund 50 Prozent der 18-Jährigen nach Jugendstrafrecht verurteilt, anderswo sind es 70 oder 80 Prozent. Das kann nicht sein.“

Auch die Behauptung, einigen Richtern sei die Psyche der Opfer scheißegal, beziehe sich auf ganz Deutschland, sagte Körting. Wobei es auch in Berlin Richter gäbe, die sich damit brüsteten, keinen jugendlichen Täter ins Gefängnis zu schicken. „Wir haben aus den Augen verloren, dass der Staat nicht nur den Täter im Blick haben darf, sondern auch dafür sorgen muss, die Schuld des Täters gegenüber dem Opfer zu sühnen.“

Ausdrücklich bekannte sich der Innensenator hingegen zu seinen Aussagen über Erziehungsprobleme in einem Teil der ausländischen Familien. „Ich habe gesagt, dass in einem Teil dieser Familien Erziehung über körperliche Züchtigung läuft“, sagte er. „Und dass junge Menschen daraus die Schlussfolgerung ziehen könnten, dass man sich im Leben am besten mit körperlicher Gewalt durchsetzt. Und dass man deshalb bei den Eltern ansetzen muss. Ich kann nicht erkennen, was daran falsch sein soll.

Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann hatte Körtings Bemerkungen über gewalttätige Erziehung in türkisch- und arabischstämmigen Familien als „populistische Stammtischparolen“ bezeichnet. „Es ist genau anders herum“, sagte Körting: „Wenn ich sage, dass man bei der Erziehung, in den Elternhäusern ansetzen muss, bedeutet das gerade das Gegenteil von staatlicher Repression. Man muss an die Ursachen für die hohe Gewaltbereitschaft unter Migranten ran und nicht nur über Erziehungscamps nachdenken.“

Mit seiner harschen Kritik an angeblich zu nachsichtigen Jugendrichtern hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) auch den eigenen Koalitionspartner verärgert. Linksfraktionschefin Carola Bluhm sagte: „Ich halte es für sehr problematisch, sich dem von der CDU losgetretenen Populismus anzuschließen.“ Körtings Bemerkungen dürften auch den Senat in seiner Sitzung am Dienstag beschäftigen, zumals selbst aus der SPD Kritik kommt. Landes- und Fraktionschef Michael Müller findet „die Formulierungen überzogen“ und den Juristen gegenüber unfair.

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